SIPRI-Bericht Weltweite Militärausgaben erreichen Rekordhöhe
Der russische Angriffskrieg spiegelt sich in den Zahlen des Friedensforschungsinstituts SIPRI wider. Demnach haben Staaten weltweit 2022 so viel Geld für Waffen ausgegeben wie nie zuvor - vor allem in Europa.
Der Kontrast könnte nicht größer sein: blauer Himmel, die vielen kleinen Inseln im Stockholmer Schärengarten, rote Holzhäuschen. In dieser Idylle kreisen Militärhubschrauber, es wird geschossen. In Schweden findet derzeit die größte Militärübung seit 25 Jahren statt - gemeinsam mit amerikanischen, britischen und anderen Streitkräften. Die sicherheitspolitische Lage hat sich massiv verändert. Das zeigt sich auch in den Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI).
Wieder haben die Staaten bei den Ausgaben für Militär weltweit eine neue Rekordsumme investiert: 2,2 Billionen US-Dollar. Europa ist die Region, in der die Forschenden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die größte Steigerung feststellen konnten: 13 Prozent. Der Krieg in der Ukraine habe die Ausgaben in die Höhe getrieben, so die SIPRI-Analystin Lucie Beraud-Sudreau.
"Die Bedrohung Russlands wird nicht verschwinden", sagt Beraud-Sudreau. "Selbst wenn der Krieg in der Ukraine irgendwann endet - in diesem, im nächsten oder in zwei Jahren." Europa sei sich einig, dass das Militär aufgestockt und modernisiert werden müsse, "um Russland langfristig abschrecken zu können."
Europaweit höchste Ausgaben in der Ukraine und in Russland
Im vergangenen Jahr waren es vor allem die beiden Kriegsparteien, die zu dem großen Anstieg der Militärausgaben in Europa beigetragen haben: Russland hat laut den Berechnungen der Stockholmer Friedensforschenden seine Ausgaben erhöht auf geschätzte 4,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Die Ukraine hingegen investierte gar 34 Prozent des eigenen BIP.
Deutschland gilt neben Großbritannien als größtes Geberland in Europa bei der Militärhilfe für die Ukraine. Im weltweiten Ranking der Militärausgaben liegt die Bundesrepublik weiterhin auf Platz sieben. Das im vergangenen Jahr beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro wird sich erst in den kommenden Jahren in den Ausgaben bemerkbar machen. Dann würde Deutschland im Ranking vermutlich aufrücken.
"Interessant ist auch das Versprechen der deutschen Regierung, das berühmte Zwei-Prozent-Ziel der NATO erfüllen zu wollen. Hätte Deutschland dieses Ziel im Jahr 2022 erreicht, wäre es jetzt unter den Top fünf und in Europa auf Platz eins. Dieses Ziel würde Deutschland also wirklich in die oberen Ränge bringen."
"Mehr und mehr Länder schauen nur auf sich"
An der Spitze der weltweiten Ausgaben stehen weiterhin die USA, gefolgt von China, Russland, Indien und Saudi-Arabien. Die Zeit der Einsparungen sind vorbei, glauben die Stockholmer Friedensforschenden. Auch wenn sie traditionell immer nur das auswerten, was im vergangenen Jahr passiert ist, blickt Beraud-Sudreau von SIPRI besorgt in die Zukunft.
"Die gestiegenen Ausgaben für die Verteidigung spiegeln sich wider in der Zunahme der Konflikte in der Welt", so die Politikwissenschaftlerin. Das wiederum hätte einen Rückgang von Vertrauen zwischen den Staaten zur Folge. "Mehr und mehr Länder schauen nur auf sich oder die eigene Region. Die Leute haben das Gefühl, sich vor Bedrohungen schützen zu müssen."
Dass die Militärausgaben auch in Zukunft weiter steigen, scheint sicher zu sein. In einem Jahr werden die Stockholmer dazu neue Zahlen veröffentlichen.