Krieg gegen die Ukraine Absage an Putins Bedingungen für Frieden
Kurz vor dem Schweizer Friedensgipfel für die Ukraine hat Russlands Präsident Putin seine Bedingungen für Verhandlungen präsentiert. So soll Kiew seine NATO-Pläne und vier besetzte Regionen aufgeben. Dort stoßen die Forderungen auf Ablehnung.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Waffenruhe im Gegenzug für einen ukrainischen Abzug aus den vier von Russland annektierten Gebieten angeboten. "Der Kurs des Westens und Kiews heißt, uns zu besiegen. Aber wie Sie wissen, ist das gescheitert. Heute unterbreiten wir einen weiteren konkreten realen Friedensvorschlag", sagte Putin in einer Rede im russischen Außenministerium.
Die ukrainischen Truppen müssten vollständig aus den Regionen Donezk, Lugansk, Cherson und Saporischschja abgezogen werden, sagte Putin und betonte, dass es um die Regionen "in ihren Verwaltungsgrenzen" gehe. Sobald Kiew dazu bereit sei und auch ihre Pläne für einen NATO-Beitritt offiziell absage, werde es "sofort, buchstäblich im selben Moment" einen Waffenstillstand und Verhandlungen geben. Zu den weiteren Forderungen gehörten ein nichtnuklearer Status der Ukraine, Beschränkungen ihrer militärischen Macht und der Schutz der Interessen der russischsprachigen Bevölkerung des Landes.
Russland hat keine der vier Regionen, die es 2022 illegal annektierte, vollständig unter Kontrolle. In Saporischschja kontrolliert Russland noch immer nicht die gleichnamige Verwaltungshauptstadt. In der benachbarten Region Cherson zog sich Moskau im November 2022 aus der Hauptstadt gleichen Namens zurück. Das heißt: Neben dem bereits durch Russland besetzten ukrainischen Territorium will Putin noch zusätzliches Land. Etwa 20 Prozent des eigenen Staatsgebietes müsste die Ukraine aufgeben.
"Tragische Seite der Geschichte umschlagen"
All dies sollte Teil grundlegender internationaler Vereinbarungen werden, erklärte Putin. Alle westlichen Sanktionen gegen Russland müssten aufgehoben werden. "Wir dringen darauf, diese tragische Seite der Geschichte umzuschlagen und Schritt für Schritt die Einheit zwischen Russland und der Ukraine und Europa im Allgemeinen wiederherzustellen", sagte Putin. Wenn Kiew und die westlichen Hauptstädte sein Angebot ablehnten, seien sie politisch und moralisch für die Fortsetzung des Blutvergießens verantwortlich.
Der russische Präsident sagte, es gehe bei dem Friedensvorschlag darum, den Konflikt vollständig zu beenden. Sollten die Ukraine und der Westen jedoch den jüngsten russischen Vorschlag ablehnen, würden sich die Bedingungen für einen neuen Vorschlag ändern und die Lage auf dem Schlachtfeld nicht zugunsten der Ukraine gestalten.
Ukraine weist Äußerungen zurück
Die Äußerungen Putins stießen bei der Ukraine und ihren Verbündeten umgehend auf Widerstand. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies sie als nicht vertrauenswürdig zurück. Bei den Bedingungen handele es sich um ein Ultimatum, sagte er dem italienischen Nachrichtensender SkyTG24. Putin würde seine Militäroffensive selbst dann nicht stoppen, wenn seine Forderungen erfüllt würden. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nannte die Äußerungen "absurd". Ziel Putins sei es, die internationale Gemeinschaft in die Irre zu führen, sagte er.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak erklärte auf der Plattform X, Putin habe "keine wirklichen Friedensvorschläge und keinen Wunsch, die Kämpfe zu beenden". Der Vorschlag sei "eine komplette Täuschung". Es gebe keine Möglichkeit, einen Kompromiss zwischen Putins Erklärung und der Position der Ukraine zu finden, sagte Podoljak außerdem der Nachrichtenagentur Reuters. Putins Vorschlag laufe darauf hinaus, dass die Ukraine ihre Niederlage anerkenne und ihre Souveränität aufgebe.
Ähnlich äußerte sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. "Dies ist kein Friedensvorschlag", sagte er. "Dies ist ein Vorschlag für mehr Aggression, mehr Besatzung." US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte, Putin sei "in keinerlei Position, in der er der Ukraine diktieren könnte, was sie für Frieden tun müsse". Russland habe völkerrechtswidrig ukrainisches Territorium besetzt. "Wir wollen nicht, dass der Anführer eines Landes eines Tages aufwacht und beschließt, die Grenzen seines Nachbarn auszulöschen und dessen Gebiet zu annektieren. Das ist nicht die Welt, in der wir alle leben wollen."
Friedensgipfel in der Schweiz ohne Russland
Die Ukraine macht den vollständigen Abzug der russischen Truppen von ihrem international anerkannten Staatsgebiet einschließlich der 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim zur Bedingung für mögliche Friedensverhandlungen. Am Wochenende soll in der Schweiz eine Friedenskonferenz beginnen, an der die Ukraine und zahlreiche Staaten teilnehmen, nicht aber Russland, das nicht eingeladen wurde. Die Schweiz hofft, dass auch Russland eines Tages dem Prozess beitreten wird. Auch die Ukrainer ziehen diese Möglichkeit in Betracht.
Die Konferenz, die sich auf Elemente eines von Selenskyj Ende 2022 vorgelegten Friedensplans stützt, wird wahrscheinlich keine größeren Ergebnisse erbringen. Sie gilt als weitgehend symbolischer Versuch Kiews, die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren und Stärke gegenüber dem besser bewaffneten und zahlenmäßig überlegenen Gegner zu demonstrieren.
Putin kritisierte die Konferenz als einen weiteren Trick, um die internationale Aufmerksamkeit abzulenken, Ursache und Wirkung der Ukraine-Krise umzukehren und die Diskussion in eine falsche Richtung zu lenken. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisierte unter anderem den Ort der Verhandlungen, da die Schweiz kein neutrales Land mehr sei.
Mit Informationen von Frank Aischmann, WDR