Anstehendes Spitzentreffen Orban droht mit Scheitern des EU-Gipfels
Kurz vor dem letzten EU-Spitzentreffen in diesem Jahr verschärft Ungarn seinen Blockadekurs. Regierungschef Orban droht in einem Brief an EU-Ratschef Michel, dass wichtige Beschlüsse zur Ukraine scheitern werden.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban legt im Streit mit der Europäischen Union nach. In einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel verlangt er, zwei Hauptbeschlüsse von der Tagesordnung des anstehenden EU-Gipfels zu streichen.
Die Erwartungen, dass bei dem Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs am 14. und 15. Dezember in Brüssel über den Start von EU-Beitritssverhandlungen mit der Ukraine und über eine Überarbeitung des langfristigen EU-Haushaltes entschieden werden könne, seien unbegründet, teilt Ungarns Ministerpräsident in dem Schreiben mit. Es liegt mehreren Nachrichtenagenturen und Medien vor. Er bitte deswegen eindringlich darum, keine Beschlüsse einzuplanen. "Der offensichtliche Mangel an Konsens würde unweigerlich zu einem Scheitern führen", so Orban.
Orban fordert in seinem Brief konkret, den geplanten Startschuss für die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine vorerst auf Eis zu legen. Nicht beschlussreif sei auch der Vorschlag der EU-Kommission, die Ukraine mit weiteren 50 Milliarden Euro zu unterstützen und dafür den mehrjährigen Haushaltsrahmen aufzustocken. Dieser Vorstoß sei "unausgewogen und unrealistisch", kritisierte der Rechtsnationalist in dem Schreiben. Es brauche einen neuen Ansatz, der die politischen und finanziellen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten als Basis habe.
Erste Vetodrohung im November
Der Brief Orbans sorgt in Brüssel für Unruhe, weil eine große Mehrheit der EU-Staaten bei dem Gipfeltreffen Mitte Dezember eigentlich weitreichende Entscheidungen zugunsten der Ukraine treffen will. Ein Beschluss ist aber nur möglich, wenn keiner der Mitgliedstaaten ein Veto einlegt.
Erste Vetodrohungen hatte Orban bereits im November in einem Brief an Ratspräsident Michel formuliert. Damals forderte er, die europäische Unterstützung für die Ukraine auf den Prüfstand zu stellen - wie auch die Sanktionen gegen Russland. Daraufhin war EU-Ratspräsident Michel nach Budapest gereist, um auf den ungarischen Regierungschef einzuwirken, blieb jedoch ohne Erfolg.
Pokert Orban um die Freigabe von Geldern?
Nun versucht es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit einem Abendessen im Elysée-Palast. Bei dem Treffen mit Orban am Donnerstag gehe es um die Unterstützung für die Ukraine, die EU-Erweiterung und den mehrjährigen Finanzrahmen, hieß es aus dem Umfeld des Präsidenten.
Unklar blieb zuletzt, ob Orban mit dem aktuellen Brief nur den Druck erhöhen will, um die Freigabe von 13 Milliarden Euro an EU-Mitteln für sein Land zu erreichen. Manche EU-Diplomaten halten dies für denkbar, andere verweisen darauf, dass Orban zuletzt behauptet hat, auch nach einer Freigabe von Geldern beim Thema Ukraine nicht klein beigeben zu wollen. Die EU hatte die Gelder wegen Rechtsstaatsproblemen eingefroren. Europaparlamentarier werfen Orban Erpressung vor.