Grenzregion zur Ukraine Alarmzustand in Belgorod aufgehoben
Mehr als 24 Stunden lang wurde gekämpft, jetzt erklärten die russischen Behörden die "Anti-Terror-Operation" in der Grenzregion Belgorod für beendet, der Alarmzustand wurde aufgehoben. Die Ukraine wies jede Verantwortung zurück.
In Dauerschleife blendete der Infokanal des russischen Staatsfernsehens am Nachmittag ein Schwarz-Weiß-Video des Verteidigungsministeriums oben rechts ins laufende Programm ein: heftige Bombeneinschläge in einen eher landwirtschaftlichen Gebäudekomplex, darunter die Schrifttafel: "Vernichtung der Diversionsgruppe im Gebiet Belgorod".
Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, erklärte ebenfalls am Nachmittag für offiziell beendet, was Montagvormittag begann: ein offenbar von ukrainischem Staatsgebiet ausgehender bewaffneter Angriff auf grenznahe Ortschaften - ausgeführt von vielleicht 80 bis hundert Bewaffneten mit mehreren gepanzerten Fahrzeugen:
Im Zuge der Anti-Terror-Operation wurden die nationalistischen Formationen durch Luftangriffe, Artilleriefeuer und aktives Vorgehen der Grenzschutzeinheiten des westlichen Militärbezirks blockiert und besiegt. Die Überreste der Nationalisten wurden auf das Territorium der Ukraine zurückgedrängt, wo sie bis zu ihrer vollständigen Vernichtung weiterhin dem Feuer ausgesetzt waren. Mehr als 70 ukrainische Terroristen, vier gepanzerte Kampffahrzeuge und fünf Pick-up-Trucks wurden zerstört.
Angaben über eigene Verluste machte der Sprecher nicht, auch nicht darüber, warum eine eher kleine bewaffnete Gruppe über einen Tag hinweg ohne größere militärische Gegenwehr russisches Gebiet besetzen konnte - und das nach 15 Monaten Krieg gegen die Ukraine.
Peskow: "Noch größere Bemühungen" nötig
Der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, räumte ein, dass der Überfall Grund zu großer Besorgnis gewesen sei. "Das bestätigt nochmals, dass die ukrainischen Kämpfer ihre Aktivitäten gegen unser Land fortsetzen. Dies verlangt von uns noch größere Bemühungen", sagte er. "Auch die spezielle Militäroperation wird fortgesetzt, um solches Eindringen in Zukunft nicht mehr zuzulassen."
Zwölf Zivilisten wurden nach Angaben des Gouverneurs von Belgorod verletzt, eine ältere Frau starb bei der Evakuierung. In der Nacht soll es auch Drohnenangriffe auf die Stadt Belgorod gegeben haben, die etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernt liegt.
Ukraine weist Verantwortung zurück
Die Ukraine wies ganz offiziell jede Verantwortung von sich. Auf russischem Boden würden ausschließlich russische Staatsbürger kämpfen - "russische Patrioten, die gegen Präsident Putin aufbegehrten", so die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Bereits am Montag nannte der ukrainische Militärgeheimdienst die beiden beteiligten Gruppierungen: die "Legion Freiheit Russlands" und das "Russische Freiwilligenkorps".
Während die "Legion Freiheit Russlands" mit Freiwilligen und ehemaligen, übergelaufenen Kriegsgefangenen in der Ukraine als Teil der ukrainischen Armee gegen die russische Armee kämpft, ist das bei der zweiten Gruppierung offiziell nicht bestätigt: das als rechtsextrem geltende "Russische Freiwilligenkorps", gegründet von einem russischen Neonazi, der in Moskau geboren wurde, in Köln aufwuchs und nun in der Ukraine gegen Russland kämpfen soll.
Zwar waren Mitglieder dieses "Russischen Freiwilligenkorps" bereits Anfang März an einem Überfall auf einen Grenzort im russischen Gebiet Brjansk beteiligt, die jetzigen Kämpfe waren allerdings die schwersten auf russischem Territorium seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine vor 15 Monaten.
Kiew: Bachmut noch nicht vollständig eingenommen
Warum genau jetzt? Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums Konaschenkow erklärt: "Nachdem das Kiewer Regime in der Stadt Artemovsk eine Niederlage erlitten hatte, begann es, terroristische Aktionen gegen die Zivilbevölkerung duchzuführen."
Neben dem Dementi der direkten ukrainischen Beteiligung an dem Angriff in Belgorod kam vom ukrainischen Verteidigungsministerium noch ein zweites, das die Stadt Bachmut angeht, die zu Sowjetzeiten in Artjomowsk umbenannt wurde: Vollständig von russischen Truppen eingenommen sei Bachmut noch nicht.