Vorbeitrittshilfen für Türkei EU streicht Millionen für Ankara
Kritik an der Türkei kommt aus der EU schon seit Langem: Grundrechte würden verletzt, die Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt. Nun macht Brüssel mit den angedrohten Konsequenzen Ernst: Im kommenden Jahr fließt deutlich weniger Finanzhilfe nach Ankara.
Es ist eines der wenigen unstrittigen Themen bei den Jamaika-Verhandlungen in Berlin - und deshalb fuhr Finanzstaatssekretär Jens Spahn auch mit einem klaren Ziel nach Brüssel: gemeinsam mit den EU-Haushaltsministerkollegen die für 2018 geplanten Millionenhilfen für die Türkei zur Vorbereitung eines EU-Beitritts zu kürzen. Der Grund: die systematischen Verletzungen von Grundrechten durch Ankara und das massive Vorgehen gegen Regierungskritiker.
Am frühen Morgen einigte man sich bei den Verhandlungen über den Etat der EU im kommenden Jahr. Aus Verhandlungskreisen hieß es, dass - im Vergleich zur ursprünglichen Planung - 105 Millionen Euro komplett gestrichen werden sollen. Weitere 70 Millionen Euro werden gesperrt - und zwar solange, bis die Türkei Grundrechte wieder respektiert und die EU rechtsstaatliche Fortschritte feststellt.
Stopp der Hilfen nur mit Ende der Beitrittsverhandlungen
Bereits bei ihrem EU-Gipfel im Oktober hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Mehrheit der anderen Staats-und Regierungschefs der EU eine Kürzung der sogenannten Vorbeitrittshilfen gefordert. Insgesamt stehen im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen 4,45 Milliarden Euro bis 2020 für die Türkei bereit. Lediglich 286 Millionen wurden nach Angaben der EU-Kommission bisher ausgezahlt. Schließlich gibt es kaum noch Projekte der Zivilgesellschaft in der Türkei, welche die EU noch fördern kann, da viele Initiatoren in türkischen Gefängnissen sitzen.
Komplett gestrichen werden können die Überweisungen aber erst, wenn die EU-Beitrittsverhandlungen offiziell unterbrochen werden. Dafür gibt es aber unter den EU-Staats-und Regierungschefs keine Mehrheit. Auf keinen Fall antasten will die EU jene Milliardenzahlungen, die im Rahmen des Flüchtlingsabkommens an Ankara gezahlt werden.
Nach Beschluss der EU-Haushaltsminister soll der Etat für das kommende Jahr Ausgaben von insgesamt 144,7 Milliarden Euro umfassen - rund zehn Milliarden mehr als 2017.
Die Summe der Gesamtzahlungsverpflichtungen - also der Zahlungen, die auch über 2018 hinaus geleistet werden können - wurde auf 160,1 Milliarden Euro festgelegt.
Der Finanzstaatssekretär Estlands, Märt Kivine, fasste die zentralen Punkte, für die das Geld investiert werden soll zusammen:
- Förderung von Wirtschaftswachstum
- Schaffung von Arbeitsplätzen
- Stärkung der Sicherheit
- Integration
Zum Beispiel:
- Projekte zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts:
46,5 Milliarden Euro (54,7 Prozent mehr als 2017)
- Projekte aus dem Bereich Wachstums- und Beschäftigungsförderung:
20,1 Milliarden Euro (4 Prozent mehr als 2017)
- Unterstützung für europäische Landwirte:
56 Milliarden Euro (3,6 Prozent mehr als 2017)