Entscheidung in Brüssel Weniger EU-Geld für die Türkei
Die Situation der Menschenrechte in der Türkei sei "absolut unzufriedenstellend". So begründete Kanzlerin Merkel die Entscheidung, künftig weniger EU-Geld nach Ankara zu überweisen. Mit einer Forderung scheiterte Merkel.
Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen die Finanzhilfen für die Türkei kürzen. Am Ende einer "wichtigen Diskussion" seien sich alle einig gewesen, die sogenannten Vor-Beitrittshilfen "in verantwortbarer Weise zu kürzen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Nacht beim EU-Gipfel in Brüssel. Man wolle die EU-Kommission bitten, diesen Schritt umzusetzen, teilte sie mit.
Für ihre Forderung aus dem Bundestagswahlkampf, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen, gebe es "im Grunde keine Mehrheit". Nur durch diesen Schritt wäre ein vollständiges Ende der Zahlung an die Türkei möglich.
Bisher 258 Millionen Euro ausgezahlt
Ankara sind von 2014 bis 2020 4,45 Milliarden Euro versprochen. Ausgezahlt sind bisher gut 258 Millionen Euro. Das Geld soll dazu dienen, dem Beitrittskandidaten die Anpassung an EU-Standards zu erleichtern.
Der österreichische Kanzler Christian Kern sagte, mit dem Geld habe man die Türkei näher an die rechtsstaatlichen Standards Europas heranführen wollen - dies sei eindeutig "nicht gelungen". Dem stimmte auch Merkel zu: Aus ihrer Sicht sei "die Situation der Menschenrechte" in der Türkei "absolut unzufriedenstellend". Das Land entferne sich "Schritt für Schritt von dem, was wir als rechtsstaatliche Voraussetzung begreifen".
Geld "nicht einfach für die Regierung" gedacht
Die Bundeskanzlerin wies darauf hin, dass das Geld "nicht Hilfen einfach nur für die Regierung" seien, "sondern zum Teil auch für diejenigen, die sich andere Entwicklung in der Türkei vorstellen". Auch die EU-Kommission betonte zuletzt immer wieder, dass die Finanzhilfen verstärkt in Projekte für die Demokratieentwicklung, Rechtsstaatlichkeit oder Zivilgesellschaft geleitet würden.
Merkel will mit Türkei im Gespräch bleiben
In ihrer Erklärung vor Journalisten forderte Merkel, trotz der Kritik weiter im Gespräch mit der Türkei zu bleiben. Es werde nun darüber diskutiert, "in welchem Rahmen wir das weiter tun können". Die Gipfelteilnehmer hätten anerkannt, dass das Land weiter "viel für die aus Syrien geflüchteten Menschen tut", sagte Merkel. Deshalb wolle die EU auch zu ihrer Zusage stehen, weitere drei Milliarden Euro für die Versorgung der Flüchtlinge bereitzustellen. Dies sei etwa im Vergleich zu den Aufwendungen für Flüchtlinge in Deutschland "nicht zu viel Geld".