EU-Parlament Wer folgt Schulz auf den Chefsessel?
Viel wird derzeit über die künftige Rolle von Martin Schulz in der Bundespolitik diskutiert. Doch im EU-Parlament steht die Suche nach einem Nachfolger im Vordergrund. Bewerber um den Chefposten gibt es mehrere.
Das Büro des Chefs liegt hoch oben im gläsernen Europaparlament in Brüssel. Es ist geräumig und hell und hat einen großen Besprechungstisch. Wenn Noch-Parlamentsvorsitzender Martin Schulz im Januar seine Umzugskartons gepackt und die Bilder von der Wand genommen hat, wird sein Sessel frei. Noch im Januar wählen die Abgeordneten des Parlaments ihre neue Spitze.
Wer es werden soll, ist noch nicht klar. Das soll offiziell am 13. Dezember bekannt gegeben werden. Aber aus welcher Parteienfamilie er kommen soll, das ist jetzt schon klar, sagt der CSU-Mann Manfred Weber. "Meine Fraktion, die Europäische Volkspartei, ist die größte Fraktion. Und deswegen erheben wir auch den Anspruch, dass wir den Präsidenten ernennen dürfen."
Zeit für die nächste Frau an der Spitze?
Fünf konservative Kandidaten sollen bereits ihre Hände gehoben haben, um zu zeigen: Wir wollen es machen. Drei von ihnen scheinen die besten Aussichten zu haben. Zu ihnen gehört der Franzose Alain Lamassoure, 72 Jahre alt, früher Politikberater, danach selbst Politiker. Seit 2009 ist Lamassoure Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Europaparlament.
Doch warum eigentlich immer nur Männer? Bislang gab es seit 1952, seitdem es das EU-Parlament gibt, nur zwei Präsidentinnen. Beide Male waren es Französinnen: Simone Veil von den Liberalen Ende der 1970er-Jahre und Nicole Fontaine von den Konservativen Ende der 1990er-Jahre.
"Es wäre auch durchaus mal Zeit für eine Frau", bekräftigt daher die Grünen-Europaabgeordnete Ska Keller. Gute Aussichten hat die konservative Abgeordnete Mairead McGuiness aus Irland. Sie ist 57 Jahre alt und gelernte Buchhalterin. Seit 2004 ist sie Abgeordnete des Parlaments und arbeitet in den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft und Gesundheit. Darüber hinaus ist sie Vizepräsidentin des Parlaments.
Unter Kandidaten auch wieder ein Deutscher
Und dann ist da noch Manfred Weber: 44 Jahre, Ingenieur, CSU-Mann. Er ist seit 2004 in Brüssel und seit 2014 Fraktionschef der EVP, also der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament. Herbert Reul von der CDU hält viel von ihm: "Herr Weber ist ein hochqualifizierter Fraktionsvorsitzender, er macht einen super Job. Und er ist für viele andere Aufgaben auch geeignet."
Doch ist er auch als neuer Parlamentschef geeignet? Noch will Weber diese Frage nicht beantworten. Er weicht aus: "Wir haben Aufgaben zu erledigen, und die werden wir jetzt Schritt für Schritt anpacken." Webers Nachteil: Es gäbe wohl Murren von Abgeordneten aus anderen EU-Ländern, die sich fragen, warum nach Schulz schon wieder ein Deutscher Parlamentschef werden soll.
Breite Unterstützung ist wichtig
Ob der Deutsche Manfred Weber, der Franzose Alain Lammassoure oder die Irin Mairead McGuiness: Für die Stabilität des EU-Parlaments ist es wichtig, dass möglichst viele der 751 Abgeordneten den neuen Chef oder die neue Chefin unterstützen.
"Ich finde, wir sollten fraktionsübergreifend nach dem besten Mann oder der besten Frau suchen, die in die großen Fußstapfen von Schulz treten kann", sagt auch der FDP-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff. Martin Schulz habe das Europaparlament politischer und sichtbarer gemacht. "Ich glaube, dass ist auch die große Aufgabe des nächsten Präsidenten oder der nächsten Präsidentin", sagt Lambsdorff weiter.