EU-Minister beraten über Ukraine-Krise Und wenn die Waffen nie schweigen?
Beim heutigen EU-Außenministertreffen in Riga geht es einmal mehr um den Ukraine-Konflikt - und das Verhältnis zu Russland. Doch welche Optionen hat die EU, sollte die in Minsk ausgehandelte Waffenruhe nicht halten?
Es klingt immer fast ein bisschen beschwörend, wenn westliche Politiker in letzter Zeit kräftig unterstreichen, dass nun alles darangesetzt werden müsse, dass die vereinbarte Waffenruhe in der Ostukraine auch umgesetzt wird. "Wir haben bisher immer noch einen fragilen Waffenstillstand, und der muss in einen stabilen überführt werden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel gerade in Brüssel.
Nun ist es schwer zu prophezeien, ob Russlands Präsident Wladimir Putin jetzt gesättigt ist. Oder, ob er und die Separatisten in der Ostukraine es darauf anlegen, weitere Gebiete zu erobern. Zunächst habe der Kreml ohnehin sein Ziel erreicht, meint der Chef der Denkfabrik Carnegie Europe, Jan Techau. "Jetzt haben wir das, was wir in drei anderen Staaten auch schon erlebt haben. Über einen 'frozen conflict', eine 'eingefrorene Gebietsfrage' haben wir ein dauerhaftes Vetorecht Moskaus in den innenpolitischen Angelegenheiten der Ukraine. Man kann sagen, dass das de facto die Teilung des Landes ist", so Techau.
Separatisten mit Mitspracherecht
So sei im Friedensabkommen von Minsk festgeschrieben, dass die Separatisten ein Einspruchsrecht die neue Verfassung der Ukraine betreffend bekämen, erklärt Techau. Tatsächlich steht in dem Papier, dass deren Zustimmung erforderlich ist. Und, dass den von den Separatisten kontrollierten Regionen ein "spezieller Status" eingeräumt wird.
Laut Techau bedeute das, dass Moskau Kiew die Hand führe. Also mit schreibe, wenn die Ukraine demnächst eine neue Verfassung bekommt. "Das ist das, was Putin immer wollte. Das wichtigste Ziel ist, nicht nur die Ukraine so zu zuschneiden, wie es ihm passt. Sondern vor allem zu verhindern, dass sich die Ukraine weiter an den Westen anlehnt. Das ist die zentrale Frage", sagt Techau.
So sehr jedenfalls scheint Putin die EU und ihre Werte zu fürchten, dass er wohl viel dafür tun wird, eine EU-freundliche Führung im Nachbarland zum Scheitern zu bringen. Das härteste, was Europa dem entgegen zu setzen hat, sind Sanktionen. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass die EU mit den ersten - noch zaghaften - Maßnahmen begann. Inzwischen sind solche dabei, die der russischen Wirtschaft echte Schmerzen zufügen. Nur: was passiert jetzt?
"Im Sommer geht es darum, die Wirtschaftssanktionen, die wirklich auch beißen, zu verlängern. Da gab es nicht immer nur Einigkeit in der EU. Darauf sollte sie sich fokussieren. Ich glaube, dass aufgrund der relativen Ruhe in der Ostukraine derzeit nicht genügend politischer Dampf auf dem Kessel ist, um über eine Verschärfung zu reden", sagt Techau.
Neue Sanktionen, wenn Minsk scheitert?
Nun haben auch Sanktions-Daumenschrauben Putin nicht davon abhalten können, die restlichen Finger nach ukrainischen Gebieten auszustrecken. Den Preis war er bislang zu zahlen bereit. Die Frage ist: wie lange noch? Und was tut er, wenn der Preis steigt? Warnend erklärte jedenfalls die Kanzlerin an die Adresse Moskaus gerichtet: Wenn die Friedensvereinbarung schwer verletzt werde, stehe man bereit, neue Maßnahmen zu verhängen. "Die territoriale Integrität ist erst dann wieder hergestellt, wenn ukrainische Grenzbeamte die gesamte ukrainisch-russische Grenze wieder bewachen können. Jetzt setzen wir erstmal unsere Kraft ein, dass wir das, was wir verhandelt haben, auch gemeinsam umsetzen", so Merkel.
Als sie von territorialer Integrität sprach, erwähnte die Kanzlerin die von Russland annektierte Krim-Halbinsel übrigens nicht. Selbst wenn sie die einfach nur vergessen hat, dann wäre auch das ein Zeichen.