Zustimmung mit großer Mehrheit EU-Parlament macht Weg frei für KI-Gesetz
Das Europäische Parlament hat das nach eigenen Angaben weltweit erste, umfassende KI-Gesetz beschlossen. Es soll den Umgang mit der Technologie sicherer machen, etwa mit Auflagen für die Gesichtserkennung oder ChatGPT.
Die EU hofft wieder einmal auf den Brüssel-Effekt: Sie will Standards setzen, an denen sich der Rest der Welt ausrichtet. So lief es bei Datenschutz und Chemikalien. Jetzt will Europa Vorreiter werden bei der Regulierung von Künstlicher Intelligenz.
Technische Systeme, die menschliches Lernen nachahmen, entwickeln sich rasend schnell - mit allen Chancen und Risiken. Die EU regelt das künftig mit einem KI-Gesetz. Auf den Entwurf haben sich EU-Parlament und Mitgliedsstaaten im Dezember verständigt. Jetzt hat das Plenum in Straßburg mit breiter Mehrheit grünes Licht gegeben. 523 Abgeordnete votierten dafür, 46 dagegen, 49 enthielten sich.
Gesetz soll Künstliche Intelligenz stärker regulieren
Der zuständige Kommissar Thierry Breton bezeichnete die neuen Regeln als "historisch". Nach seinen Angaben handelt es sich um das weltweit erste Gesetz, das Künstliche Intelligenz "ausgewogen" reguliere. Zudem würde es vor "Auswüchsen durch Missbrauch schützen", aber auch Innovationen voranbringen.
Die EU hat in einer jahrelangen Debatte um ein Gleichgewicht gerungen: Gesichtserkennung ist praktisch, um das Handy zu entsperren, aber sie ist gefährlich, wenn damit Fotos aus dem Netz gefischt werden, die in dubiosen Datenbanken landen. Das Gesetz soll vor möglichen Gefahren schützen, auch durch täuschend echt gefälschte Bilder oder Audiodateien. Gleichzeitig will die EU die enormen wirtschaftlichen Chancen der KI befördern.
"Es bleiben Bürokratie und Unklarheiten"
Nicht alle Abgeordneten sind mit der Balance restlos zufrieden. Der Christdemokrat Axel Voss erklärt: "Wir sollten auch nicht glauben, dass unsere Arbeit jetzt endet mit diesem Gesetz. Nein, ich glaube, sie beginnt erst. Wir müssen nämlich - anders als bei anderen Gesetzen - schneller Anpassungen an Probleme und Entwicklungen finden."
Das Gesetz unterteilt grundsätzlich in KI-Systeme mit hohem Risiko, für die besondere Anforderungen gelten, und in Anwendungen mit geringem Gefahrenpotential mit wenigen Auflagen. Nutzerinnen und Nutzer müssen erkennen können, dass Inhalte KI-generiert sind.
Die Auflagen könnten vor allem kleineren Firmen - sogenannten KMU - Probleme machen, befürchtet die FDP-Abgeordnete Svenja Hahn: "Aber es bleiben Bürokratie und Unklarheiten, die für BigTech-Unternehmen leichter zu stemmen sind als für KMU. Da wird wichtig, dass die Kommission in der Umsetzung Klarheit schafft." Das Gesetz dürfe nicht zur Innovationsbremse werden.
Sicherheitsbehörden dürfen weiter Gesichtserkennung nutzen
Systeme, die Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung in Kategorien einteilen, sind verboten. Das ungezielte Auslesen von Bildern aus dem Internet oder aus Überwachungskameras für Datenbanken ist ebenfalls nicht erlaubt. Ausnahmen gibt es für biometrische Identifizierungen im öffentlichen Raum in Echtzeit, etwa wenn die Polizei einen Anschlag verhindern will oder nach Opfern von Menschenhandel sucht.
Den Linken geht das zu weit. Sergey Lagodinsky von den Grünen räumt ein: "Dieses Gesetz ist schwächer als wir im Parlament wollten. Aber es ist viel besser, als gar keine Regulierung zu haben, als Zustände wie im Wilden Westen bei KI."
Nun fehlt noch das Votum der EU-Staaten, das für Ende April erwartet wird. Dieses gilt aber als Formsache. Bis das Gesetz vollständig gilt, wird es noch zwei Jahre dauern.