Friedensnobelpreis wird an die EU überreicht Die EU als "andauernder Friedenskongress"
In Oslo wird der EU zur Stunde der Friedensnobelpreis verliehen. Stellvertretend für die 27 Mitliedsstaaten nehmen Ratspräsident van Rompuy, Kommissionspräsident Barroso und Parlamentspräsident Schulz die Auszeichnung entgegen, mit der die EU für ihre Leistung als Friedensstifter geehrt wird.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel, zzt. Oslo
Für EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sind alle Europäer Friedensnobelpreisträger. Doch nicht alle sind glücklich mit dem Preis: "Die EU beteiligt sich an militärischen Missionen. Insofern kann man in Teilen eher von Kriegspolitik als von Friedenspolitik sprechen", meint eine Europäerin.
Dabei hat Europa den Preis nicht für seine derzeitige Außenpolitik bekommen. In der Erklärung des Nobel-Preis-Komitees heißt es, die EU habe über sechs Jahrzehnte hinweg dazu beigetragen, Frieden und Aussöhnung, Demokratie und Menschenrechte zu fördern. "Es hat viele Konflikte, Meinungsverschiedenheiten und dramatische Ereignisse gegeben. Aber die Europäische Union war so etwas wie ein andauernder Friedenskongress", sagt Torbjörn Jagland, Vorsitzender des Nobel-Komitees.
In den 80er-Jahren seien Griechenland, Spanien und Portugal zur EU dazugestoßen. Dafür mussten sie demokratische Grundsätze umsetzen. Nach dem Fall der Mauer, so die Jury, sei die Mitgliedschaft für die osteuropäischen Staaten möglich geworden. Die Teilung Ost-West sei überwunden worden. Und alles hat 1950 angefangen - wenige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg - mit den Plänen des französischen Außenministers Robert Schuman.
Er schlug damals die Gemeinschaft für Kohle und Stahl vor - ein Vorläufer der EU. "Dieser Vorschlag realisiert den ersten Schritt hin zu einer europäischen Föderation, die unausweichlich ist, um den Frieden zu erhalten", so Schuman.
Ansporn in der Krise
Doch eine Auszeichnung für Erreichtes ist den drei Vertretern der EU nicht genug. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten Ratspräsident Herman van Rompuy, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Parlamentspräsident Schulz jetzt, dass der Preis gerade in der Krise für sie auch Ansporn sei, Europa zu erhalten. "Für uns ist der Preis auch ein Appell, unsere gemeinsame Zukunft zu gestalten", sagte van Rompuy. "Nur gemeinsam kann Europa den Anforderungen in der Welt gerecht werden."
Mehr oder weniger Europa?
Der Preis wirft die alte Debatte auf: Soll es mehr oder weniger Europa geben? Und wie erreichen die Mitgliedsländer ein besseres Europa? Darüber sind vor allem die Mitgliedsländer tief zerstritten. Das wirkt sich auch auf die Gästeliste aus. Etwa 20 Staats- und Regierungschefs haben sich zur Preisverleihung angekündigt, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande.
Abgesagt hat der britische Premier David Cameron. Seine Begründung: Es seien genug Politiker da, um den Preis entgegen zu nehmen.