Friedensnobelpreis für die EU Wer nimmt eigentlich die Medaille entgegen?
Die EU erhält den Friedensnobelpreis für ihren Beitrag zu Frieden und Versöhnung. Aber wer holt ihn am 10. Dezember in Oslo ab? Und wer bekommt das Geld? Die Diskussionen nehmen Fahrt auf. Neben EU-Kommissionspräsident Barroso und EU-Ratspräsident Van Rompuy gibt es auch noch andere Vorschläge.
Am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, wird in Oslo der Friedensnobelpreis an die Europäische Union verliehen. Das gab das Nobelkomitee in der norwegischen Hauptstadt Oslo bekannt. Nur, wer nimmt die Medaille entgegen und vertritt die Staatengemeinschaft - die EU-Kommission, das Europaparlament, die Versammlung der Nationalstaaten oder Vertreter der 500 Millionen Bürger?
Der Präsident des Rates der Europäischen Union, Herman Van Rompuy, wollte sich nicht vordrängen: "Das werden wir später sagen. Lassen Sie uns zunächst alle diesen sehr, sehr glücklichen Tag genießen", sagte er in Helsinki.
"Warum nicht 27 Kinder nach Oslo senden"
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprach sich für eine Übergabe an EU-Kommisionspräsident Jose Manuel Barroso aus, dieser sei derjenige, der so wie er selbst für die Gemeinschaft stehe.
Van Rompuy repräsentiert die Regierungen der Nationalstaaten, das Parlament die Bürger der Nationalstaaten - beide sind Gesetzgeber der Gemeinschaft - und Barroso vertritt die Exekutive.
Die schwedische EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström will am liebsten Vertretern der Bürger in allen 27 EU-Ländern den Vortritt lassen: "Warum nicht 27 Kinder nach Oslo senden, um den Friedensnobelpreis zu empfangen?", schrieb sie im Kurznachrichtendienst Twitter. Ein Sprecher der Kommission meinte unterdessen, man habe dem Nobelpreiskomitee vorgeschlagen, die Auszeichnung an Barroso und Van Rompuy zusammen zu überreichen.
Was passiert mit den 930.000 Euro?
Ähnlich ungewiss ist eine andere Frage: Was soll mit dem Preisgeld von rund 930.000 Euro geschehen? "Das muss zu diesem Zeitpunkt noch diskutiert und entschieden werden", sagte eine Sprecherin Barrosos. Man werde das Preisgeld aber voraussichtlich an eine Wohltätigkeitsorganisation geben.
Zur Begründung der Preisvergabe hatte das Nobelkomitee zuvor erklärt, die Staatengemeinschaft habe dazu beigetragen, über sechs Jahrzehnte Frieden, Demokratie, Menschenrechte und die Versöhnung in Europa zu stärken. Auch wenn die EU derzeit mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und sozialen Unruhen zu kämpfen habe, solle der Blick auf den wichtigsten Erfolg der Union gerichtet werden: Den erfolgreichen Kampf für den Frieden und die Demokratie. Komiteechef Thorbjörn Jagland führte aus, die Gemeinschaft stehe für "Brüderlichkeit zwischen den Nationen". Die diesjährige Entscheidung sei einstimmig von allen fünf Mitgliedern des Komitees getragen worden.
"Heute ist Krieg zwischen Deutschland und Frankreich undenkbar"
Explizit wurde die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg als herausragendes Ergebnis der europäischen Integration hervorgehoben. Beide Staaten seien in drei Kriege gegeneinander verwickelt gewesen, hieß es. Heute sei Krieg zwischen Deutschland und Frankreich undenkbar. Das "grauenvolle Leiden" des Zweiten Weltkrieges habe gezeigt, dass ein neues Europa benötigt werde.
Im Vorfeld waren auch die russische Menschenrechtsorganisation Memorial und deren Mitbegründerin Swetlana Gannuschkina (70) sowie die Radiosender Echo Moskau als mögliche Preisträger gehandelt worden. Auch "Dauerkandidat" Helmut Kohl stand wieder auf der Liste mit diesmal 231 Vorschlägen.
Auch "Pussy Riot" wurden gehandelt
Gehandelt wurde auch die russische Punkband "Pussy Riot", was allerdings sehr unwahrscheinlich gewesen sein dürfte, da deren umstrittener Auftritt in einer Moskauer Kathedrale, der die Gruppe weltweit bekannt gemacht hat, nach Ende der Nominierungsfrist stattfand.
Im vergangenen Jahr wurde die Journalistin Tawakkul Karman aus dem Jemen zusammen mit der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf und Leymah Gbowee, ebenfalls aus Liberia, ausgezeichnet.
1901 ging es mit dem Gründer des Roten Kreuzes los
Den ersten Friedenspreis erhielten 1901 der Gründer des Roten Kreuzes, Henri Dunant, und der Gründer der französischen Friedensgesellschaft, Frédéric Passy. Zu den deutschsprachigen Preisträgern gehörten Gustav Stresemann, Carl von Ossietzky und Willy Brandt.