EU-Gipfel zu Corona-Hilfen Trippelschritte in Brüssel
Erneut wurde die womöglich entscheidende Sitzung des EU-Gipfels verschoben - nun auf den frühen Abend. Fortschritte gibt es bislang nur in Trippelschritten. Das liegt auch an einem neuen Bündnis.
Die Staats- und Regierungschefs der EU sind auf dem besten Weg, einen Rekord zu knacken. Im Jahr 2000 berieten sie in Nizza fast fünf Tage über eine EU-Reform. In Brüssel gehen sie nun in den vierten Verhandlungstag. Kanzlerin Angela Merkel hofft auf eine Einigung: "Es war klar, dass es unglaublich harte Verhandlungen gibt, die werden sich heute fortsetzen. Aber außergewöhnliche Situationen erfordern auch außergewöhnliche Anstrengungen." Sie hoffe, die die "verbleibende Wegstrecke" nun zurückgeglegt werden kann.
Beim gestrigen Abendessen gab es, wie man hört, viel Streit. Es folgten bis in den Morgen zähe Verhandlungen in kleineren Runden. Danach stand, wie Merkel es ausdrückte, ein Rahmen für eine mögliche Einigung. Mark Rutte, der niederländische Ministerpräsident, erzählte, es sah teilweise nicht gut aus. Es seien aber Fortschritte erzielt worden.
Wenig Bewegung bei den "Sparsamen Vier"
Die Niederlande gehören neben Österreich, Schweden und Dänemark zu den selbsterklärten "Sparsamen Vier", die seit Tagen wenig Bewegung erkennen lassen. Vor allem wenn es um den Corona-Wiederaufbaufonds und den Anteil der Zuschüsse, die Länder nicht zurückzahlen müssen, geht.
Bislang waren 500 Milliarden Euro dieser Zuschüsse für besonders von Corona betroffene Staaten vorgesehen. Zu viel finden die Nordeuropäer. Jetzt soll die Summe deutlich gesenkt werden. Die Rede ist von 390 Milliarden Euro. Damit wäre man den "Sparsamen Vier", denen sich auch Finnland angeschlossen hat, entgegengekommen.
Kurz zeigt sich zufrieden
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz lobt das Bündnis ausdrücklich, das aus kleinen Ländern bestehe, die ohne die Gruppe kein Gewicht in der EU hätten. Er zeigte sich mit dem Ergebnis der vergangenen Nacht sehr zufrieden.
Doch noch ist unklar, ob heute alle Staaten dieses Ergebnis auch wirklich mittragen. Dazu gilt es, noch weitere dicke Brocken aus dem Weg zu räumen. Immer noch gibt es Streit über den Plan, Geld aus den EU-Fördertöpfen zu kürzen, wenn sich Länder nicht an rechtsstaatliche Prinzipien halten. Das lehnen Ungarn und Polen vehement ab.
Macron bleibt vorsichtig
So bleibt auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beim Blick auf die kommenden Stunden vorsichtig. Noch sei nichts in trockenen Tüchern. Macron warnt allerdings auch: Wer heute keine Kompromissbereitschaft und keinen Ehrgeiz zeigt, der riskiere, dass es noch viel härtere Momente gebe und es am Ende noch viel teurer werde.
Beim legendären Gipfel in Nizza vor 20 Jahren - damals noch mit 15 Mitgliedern - gab es übrigens eine Einigung. Ob es diesmal wieder so kommt - das entscheidet sich voraussichtlich am Abend oder auch erst in der Nacht.