Gipfel zu Corona-Hilfen Die Chance auf einen Kompromiss bleibt
Nach stundenlangen Gesprächen hatten die Staats- und Regierungschefs den EU-Gipfel zum Corona-Aufbauplan unterbrochen. Denn die Differenzen zwischen den Partnern sind groß. Nun wird weiter verhandelt.
Es war bereits nach Mitternacht als die Regierungschefs das EU-Ratsgebäude verließen. Zuvor hatten sie mehr als 13 Stunden in großer Runde und in bilateralen Treffen versucht, die Chancen auf eine Annäherung auszuloten. Auch Angela Merkel führte zahlreiche Einzelgespräche.
Für sie wäre es ein großer Erfolg, könnte sie in der deutschen Ratspräsidentschaft den milliardenschweren Wiederaufbaufonds durchbringen: "Wünschenswert wäre es. Dennoch muss man auch der Realität ins Auge sehen." Es bedürfe der großen Kompromissbereitschaft aller, damit "wir etwas hinbekommen, das für Europa und die Menschen in Europa gut ist angesichts der Pandemie."
Italien und Spanien dringen auf die Hilfen
Profitieren würden von den Hilfen vor allem einige südeuropäische Länder, die unter den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Beschränkungen besonders stark leiden. "Wir brauchen eine schnelle Lösung", sagt Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte, der ebenfalls davon überzeugt ist, dass ein Kompromiss im Interesse aller Europäer wäre.
Ähnlich denkt auch sein spanischer Kollege, Ministerpräsident Pedro Sánchez: "Es ist eine sehr bedeutende Ratssitzung, ich würde sogar sagen eine historische. Die Einigkeit der europäischen Länder wird enorm herausgefordert." Das bedeute, dass alle Mitgliedstaaten der EU, alle europäischen Regierungschefs in der Pflicht seien, eine gute Vereinbarung zu erzielen. "Für unsere Bürger die vor allem unter den Auswirkungen der Pandemie leiden, nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich und sozial."
Kredit oder Zuschuss?
Heftig umstritten allerdings ist, wie viel Geld, nach welchen Kriterien und zu welchen Bedingungen es fließen soll. So verlangen die Niederländer, dass über Auszahlungen abhängig von der Umsetzung von Reformen entschieden wird und wollen ein Vetorecht, wenn das Geld als Zuschüsse an Staaten wie Italien oder Spanien ausgezahlt werden soll.
Österreich fordert, dass der Großteil des Milliardenpakets als Kredit und nicht als Zuschuss gezahlt wird. Außerdem dürfe sich die EU nicht langfristig verschulden, mahnt der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. Bisher ist vorgesehen, dass die von der EU-Kommission aufgenommenen Anleihen bis 2058 laufen sollen: "Die Unterschiede in den Positionen sind nach wie vor relativ groß. Und das bedeutet, dass sich die Verhandlungen einerseits hinziehen werden." Andererseits sei noch unklar, ob es überhaupt gelingt, schon bei diesem Gipfel einen Durchbruch zu erzielen.
Die Verhandlungen stecken also offensichtlich in einer schwierigen Phase. Seit Samstag Vormittag wird nun weiter geredet. Der größte Erfolg ist bisher, dass zumindest die Chance auf einen Kompromiss bleibt.