Asylreform Die EU will schneller abschieben - nur wie?
Die EU will illegal eingereiste Migranten schneller abschieben. Doch das Parlament konnte sich bislang auf keine gemeinsame Position einigen. Gleich mehrere Punkte sind strittig.
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson drückt aufs Tempo: Bei 400.000 Rückführungsentscheidungen in diesem Jahr würden nur 65.000 Migranten die EU verlassen, sagt sie. Man müsse deshalb die Anstrengungen verstärken, um die Menschen in ihre Heimatländer zurückzuschicken.
Die Rückführungsrichtlinie gehört zum Gesamtpaket der geplanten EU-Asylreform und ist dabei der einzige von zehn Rechtstexten, zu dem noch keine sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Mitgliedstaaten und Kommission begonnen haben.
"Letztes Puzzleteil" im Kampf gegen Terrorismus
Der Grund: Die EU-Parlamentarier konnten sich noch auf keine gemeinsame Position einigen. Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas ärgert das: "Wir erwarten, dass sich da das europäische Parlament da schnell einigt", sagt er. Es müsse möglich sein, Personen schnell abzuschieben, die ein Sicherheitsrisiko darstellten. Dies sei auch "ein letztes wichtiges Puzzleteil" im Kampf gegen Terrorismus. "Und ich denke, jetzt ist die Zeit, das zu tun."
Allerdings ist nicht nur bei den EU-Abgeordneten umstritten, wie ein "Gefährder" zu definieren wäre oder wie weit die geplante Richtlinie erschweren sollte, gegen eine Abschiebung rechtlich vorzugehen. Da gebe es noch Gesprächsbedarf, sagt der FDP-Europaparlamentarier Jan-Christoph Oetjen.
Klar sei aber, dass Rückführungen eine elementarer Bestandteil des neuen Asyl -und Migrationspaktes seien. "Wir brauchen eine neue Rückführungsrichtlinie, um abgelehnte Asylbewerber schneller wieder in ihre Heimatländer zu bringen", sagt Oetjen. In Deutschland gebe es mehr als 55.000 vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber - "und wir machen etwa 15.000 Abschiebungen pro Jahr. Wir müssen da besser werden."
EVP: Einer Verschlechterung können wir nicht zustimmen
Dass die Rückführungsrichtlinie noch immer im Parlament festhängt, liegt auch an der größten Fraktion, der EVP, zu der die CDU/CSU-Gruppe gehört. "Einer Verschlechterung zur jetzigen Rechtslage können wir nicht zustimmen", sagt Lena Dupont. Die CDU-Politikerin ist in den Verhandlungen Vize-Koordinatorin ihrer Fraktion.
Allerdings gebe es zumindest eine Annäherung bei der Frage, wie lange abgelehnte Asylbewerber unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden dürfen. Klärungsbedarf gebe es aber noch bei Maßnahmen für beschleunigte Rückführungsverfahren und gegen Sekundärmigration, also wenn Geflüchtete von einem Mitgliedsstaat in einen anderen weiterziehen.
Beides sei in den aktuell diskutierten Kompromissen "noch nicht hinreichend abgebildet", sagt Dupont. "Wir werden uns die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, noch einmal im Detail angucken und daran dann unsere Position festmachen."
Grünen-Politiker fordert Abkommen auf Augenhöhe
An der Rückführungsrichtlinie werde die Asylreform am Ende nicht scheitern, sagt der Grünen-Europaparlamentarier Erik Marquardt. Doch funktionieren könne sie nur, wenn auch die Herkunfts- und Transitländer mitspielten. "Wir können so viele Regelungen in Europa anpassen, wie wir wollen: Wenn man keine Staaten hat, mit denen man gut zusammenarbeiten kann, dann wird das am Ende nicht zu geordneter Migration führen. Und dann werden wir die Probleme weiter haben", sagt Marquardt.
Ziel müsse sein, durch Abkommen auf Augenhöhe irreguläre Migration durch reguläre zu ersetzen. Bisher allerdings versucht die EU vor allem mit viel Geld ihr Migrationsproblem in Drittstaaten auszulagern, was häufig zu neuen Problemen führt, wie sich am Beispiel Ägyptens oder Tunesiens zeigt.