May zum Brexit Ein paar Rosinen muss es geben
Sie wolle sich ja mit der EU in Sachen Brexit einigen - das hat Großbritanniens Premier May erneut deutlich gemacht. Doch Entgegenkommen auf ganzer Linie gehe dann doch nicht.
Der Schnee hat der britischen Premierministerin Theresa May einen Strich durch die Rechnung gemacht: Eigentlich wollte sie ihre große Rede zum Brexit in Newcastle im Nordosten Englands halten - doch wegen des schlechten Wetters wurde daraus nichts.
Stattdessen trat May in der City of London auf, und hat den EU-Partnern etwas genauer verraten, wie sie sich die britisch-europäischen Beziehungen nach dem EU-Austritt vorstellt.
Zuletzt waren die Brexit-Verhandlungen ins Stocken geraten, vor allem wegen des Streits um die Grenze zwischen dem britischen Nordirland und Irland. Wer jedoch gehofft hatte, May würde das komplizierte Brexit-Rätsel nun vollständig lösen, der dürfte enttäuscht sein. Aber das konnte der britischen Premierministerin auch kaum gelingen.
Kein Handelsdeal von der Stange
Das Signal, das May an die EU aussendet, lautet: Ich bewege mich auf euch zu - nun bewegt ihr euch bitte auch auf mich zu. In den Brexit-Verhandlungen, so die konservative Regierungschefin, könne nun mal keine Seite all ihre Vorstellungen durchsetzen.
Einen Handelsdeal von der Stange - nach dem Vorbild Norwegens, das im Binnenmarkt ist, oder nach dem Vorbild des EU-Vertrags mit Kanada - lehnt May weiter ab. Stattdessen schwebt ihr "pick'n'mix" vor, wie die Engländer es nennen: ein auf Großbritannien zugeschnittenes Abkommen. Wenn das Rosinenpicken sei, wie manche EU-Partner klagen, dann sei jedes Handelsarrangement Rosinenpicken, entgegnet May.
Keine Kehrtwende auch in Sachen Zollunion: Aus der will May immer noch aussteigen, damit die Briten eigene Handelsabkommen in aller Welt abschließen können. Eine neue Form der Zollpartnerschaft soll den möglichst reibungslosen Warenaustausch garantieren. May verspricht, Großbritannien werde dabei die hohen EU-Produktstandards nicht unterlaufen.
Ein "No" zur festen Grenze
Sie bekräftigte zugleich: Eine feste Grenze zwischen Nordirland und Irland - mit Checkpoints und Kontrollen - soll es mit ihr nicht geben: "Als Premierministerin des gesamten Vereinigten Königreich werde ich weder zulassen, dass unser EU-Abschied den historischen Fortschritt zurückwirft, den wir in Nordirland gemacht haben - noch werde ich zulassen, dass die Integrität unserer kostbaren Union beschädigt wird."
Ein entschiedenes "No" also von May zum EU-Entwurf für das Austrittsabkommen: Demnach sollen Nordirland und Irland notfalls ein gemeinsames Zollgebiet bilden, sollte ein Brexit-Deal scheitern.
Behördenplatz gegen Kasse
Für die Finanzbranche akzeptiert May jetzt, dass die sogenannte Reisepass-Regelung, mit der Banken bislang von London aus überall in der EU Geschäfte machen können, mit dem Brexit endet. Da aber für viele europäische Unternehmen die City of London ein wichtiger Finanzier ist, würde es aus Mays Sicht allen Beteiligten schaden, hierfür keine kreative Lösung zu finden.
Die Regierungschefin will außerdem prüfen, ob Großbritannien Mitglied einiger EU-Agenturen bleiben kann: etwa der für die Zulassung von Arzneimitteln und von Chemikalien und der für die Flugsicherheit. Gegen Geld, wie sie signalisiert.
Zum Schluss von Mays Rede dann ein letzter Appell an die EU: Großbritannien wisse, was es wolle, verstehe aber auch die Prinzipien der Gegenseite. Das gemeinsame Interesse müsse sein, den Brexit-Deal hinzukriegen.
Ihre Botschaft richtet sich auch nach innen: May muss nicht nur ihre zerstrittene Tory-Partei zusammenhalten, sondern auch ihren nordirischen Bündnispartner DUP zufriedenstellen. Der Weg bis zum geordneten Austritt der Briten aus der EU in 13 Monaten ist noch weit.