Abstimmung in Irland Ein klares "Yes" für Recht auf Abtreibung
In Irland dürfen Frauen künftig legal abtreiben. Dafür votierte mit 66,4 Prozent eine überraschend große Mehrheit. Die Gegner gestanden ihre Niederlage ein. Was bedeutet das für Irland?
"Es sieht so aus, als würden wir Geschichte schreiben." Mit diesen Worten kommentierte der irische Premierminister Leo Varadkar von der konservativen Partei Fine Gael, was sich bereits am späten Abend abzeichnete.
Gemeinsam mit der Opposition hatte er für eine Verfassungsänderung gekämpft, um es Irinnen zu ermöglichen, im eigenen Land eine Abtreibung vornehmen zu lassen und nicht mehr ins Ausland fahren zu müssen. Laut am Samstag veröffentlichtem offiziellem Ergebnis stimmten 66,4 Prozent für die Lockerung des Abtreibungsverbots, 33,6 Prozent dagegen.
Über 65-Jährige für Abtreibungsverbot
Die meisten Beobachter hatten ein erheblich knapperes Ergebnis erwartet. Doch offenbar gab es in letzter Minute einen Schub für die Befürworter - auch durch diejenigen, die lange unentschieden waren. Orla O’Connor, Vize-Direktorin der siegreichen Kampagne, ist überwältigt von diesem Votum: "Dies wird ein bedeutender Tag und alle von 'Together for Yes' wollen allen Frauen und allen Männern in allen Städten und allen Landkreisen danken, die mit 'Ja' gestimmt haben. Denn dies ist phänomenal.“
Einzig die Altersgruppe der über 65-jährigen Iren hat - den Prognosen zufolge - dafür votiert, das ungeborene Leben weiter so zu schützen wie bisher und es rechtlich gleichzustellen mit dem Leben der werdenden Mutter. Die jungen Wähler dagegen haben sich demnach zu rund 85 Prozent für die Liberalisierung entschieden.
Eine Frau fotografiert ein mit "Yes" überschriebenes Bild von Savita Halappanavar, der eine Abtreibung verweigert wurde und die an den Folgen ihrer Schwangerschaft starb.
"Frauen sollen selbst über ihren Körper bestimmen"
In der Hauptstadt Dublin lag die Zustimmung bei insgesamt fast 80 Prozent. Ihre deutliche Niederlage eingestehen muss Cora Sherlock von der "pro life"-Kampagne, die den achten Verfassungszusatz - der Abtreibungen bisher verbietet - nicht streichen wollte: "Es ist ein sehr trauriger Tag für Irland", sagt sie. "Der Vorschlag der Regierung sieht vor, Abtreibungen auf Verlangen durchzuführen und menschliches Leben zu töten. Darauf haben wir aufmerksam gemacht. Das Herz eines Babys schlägt bereits mit drei Wochen."
Varadkars Minderheitsregierung will nun bis Ende des Jahres ein Gesetz durchs Parlament bringen, wonach Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche straffrei bleiben. Danach sollen Abtreibungen nur noch aus medizinischen Gründen erlaubt sein. Diese Neuregelung hatte eine Versammlung irischer Bürger vorgeschlagen, nachdem sie zahlreiche Experten dazu angehört hatte. Viele Iren waren extra aus dem Ausland in ihre Heimat gereist, um an der Abstimmung teilzunehmen."Ich bin aus Amsterdam nach Hause gekommen, weil ich will, dass irische Frauen endlich selbst über ihren Körper bestimmen können", erzählt eine junge Frau.
Der Kampf um das Abtreibungsgesetz hat Irland lange und intensiv beschäftigt.
Einfluss der Katholiken nimmt ab
Seit 35 Jahren sind in dem lange stark katholisch geprägten Land Abtreibungen nur dann legal, wenn das Leben der werdenden Mutter in Gefahr ist. In allen anderen Fällen, auch nach einer Vergewaltigung oder bei einer schweren Missbildung des Fötus, gilt ein Schwangerschaftsabbruch als Straftat. Das sich abzeichnende Votum für eine Lockerung ist auch ein Beleg dafür, dass sich die Iren in moralischen Fragen nicht länger von der Katholischen Kirche leiten lassen - deren Autorität hat unter den Missbrauchsskandalen stark gelitten.