Brexit-Verhandlungen Bewegung beim "Backstop"?
Er gehört zu den entscheidenden Streitpunkten beim Brexit: der "Backstop". Nun deutet sich eine Lösung für den Streitpunkt an. Neu ist die allerdings nicht - ausgeschlossen aber auch nicht.
Wenn es Boris Johnson ernst ist mit einem geregelten Ausstieg aus der EU, dann muss er vor allem eines klären: Wie wollen die Briten Binnenmarkt und Zollunion verlassen, zugleich aber die Rückkehr von Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland verhindern? Denn die EU beharrt auf einer Garantieklausel für eine offene Grenze in Irland.
Der britische Premierminister Johnson ist beim "Backstop" offenbar zu Kompromissen bereit.
Der neue Plan ist der alte
Johnson deutete jüngst eine Lösung an: "Wir wollen keine Kontrollen an der Grenze zwischen Irland und Nordirland, die sind nicht nötig", so der britische Premier Anfang der Woche beim Besuch in Dublin. Nun wird wieder eine Regelung hervorgeholt, die Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU erwogen hatte: ein "Backstop", der nur für die irische Insel gilt.
"Wenn wir zum ursprünglichen Plan zurückkehren, wäre noch viel Spielraum", meint die irische Europa-Abgeordnete Mary McGuiness. "Aber es gibt politische Empfindlichkeiten. Und deshalb wüsste ich gern, ob das Unterhaus dafür stimmen würde."
Für Mays Plan fand sich dort keine Mehrheit. Er sah keine Veränderung zwischen der irischen Republik und dem britischen Nordirland vor. Beide Teile sollten nach einem Brexit in der Zollunion bleiben, Nordirland würde sich weitgehend an die Standards des europäischen Binnenmarktes halten. Die Einführung von Grenzkontrollen quer durch die Insel wäre dann unnötig, allerdings würde eine neue Handelsgrenze zwischen Nordirland und Großbritannien entstehen.
Teresa May war mit dem Plan im Unterhaus gescheitert.
Unionisten gegen den Vorschlag
Der Vorschlag scheiterte an konservativen Brexit-Hardlinern und an der nordirischen DUP, die die konservative Regierung im Unterhaus stützt. "Die Unionisten wollen nicht, dass die Provinz anders behandelt wird als der Rest des Vereinigten Königreichs", bekräftigte der DUP-Politiker Nigel Dodds jetzt noch mal. Aber seit Johnson Brexit-Abweichler aus der Konservativen Fraktion ausschließen ließ, hat er selbst mit der Regionalpartei keine Mehrheit mehr und muss deshalb keine Rücksicht auf sie nehmen.
Johnsons Brexit-Unterhändler soll in Brüssel schon die Möglichkeit gesamtirischer Produktstandards in Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie und die Verlagerung von Kontrollen in die irische See angesprochen haben. Weitere Ideen in Richtung eines auf die irische Insel begrenzten "Backstop" könnten der Regierung Johnson wohl die Stimmen von Labour-Abgeordneten einbringen, die ihre frühere Ablehnung inzwischen bereuen. Ob sie Brüssel weit genug gehen, bleibt abzuwarten. Bisher sind dort offenbar noch keine ernstzunehmenden britischen Initiativen angekommen.
Nordirland befürchtet massive Probleme
Welchen Schaden ein harter Brexit anrichten könnte, hat die Notfallplanung der britischen Regierung gezeigt. "Ein harter Brexit könnte Nordirland 45.000 Arbeitsplätze kosten, sieben Prozent der Stellen in der Privatwirtschaft", sagt Glynn Roberts, Chef der nordirischen Einzelhändervereinigung, über die Auswirkungen auf die Provinz. "Er würde auch unserer Versorgungskette schwer schaden."
Die Regelung der Grenzfrage ist nicht nur wichtig für Handel und Personenfreizügigkeit, sie ist auch entscheidend für den Frieden auf der irischen Insel. Die Diskussion um den Brexit wird im Kontext des Karfreitagsabkommens geführt, das den Bürgerkrieg in Nordirland beendete.
Der irische Premierminister Varadkar und der britische Premierminister Johnson wollen den Frieden auf der irischen Insel erhalten.
Irlands Regierungschef Leo Varadkar und sein britischer Kollege bekannten sich in Dublin dazu: Nordirland sei ist in den Jahrzehnten seit Inkrafttreten des Karfreitagsabkommens wohlhabender und friedlicher geworden. Schlagbäume und Grenzkontrollen könnten die Wiederkehr des Bürgerkriegs einleiten.