Aufruf gegen No-Deal-Brexit Corbyn findet keine Unterstützung
Der Chef der größten britischen Oppositionspartei soll eine Revolte gegen Premierminister Boris Johnson planen. Doch Corbyn fehlen die Unterstützer. Seine Idee sei "nonsense", so das Echo.
Dass Jeremy Corbyn etwas austüfteln würde, war seit Wochen klar. Alle warteten nur auf den Zeitpunkt. Nun liegt sein Plan auf dem Tisch, sein oberstes Ziel erläuterte der Oppositionsführer selbst in einem Brief: Er strebe so schnell wie möglich ein Misstrauensvotum gegen Boris Johnson an, danach solle eine Übergangsregierung gebildet werden - mit ihm selbst als vorübergehenden Premierminister. Als neuer Premier wolle Corbyn den Brexit hinauszögern, Neuwahlen ausrufen und zugleich ein neues Referendum auf den Weg bringen.
Im Eilverfahren das Ausscheiden aus der EU ohne Vertrag zu verhindern, darauf können sich viele in der Opposition verständigen. Ein Misstrauensvotum gegen Premier Johnson wäre aus der Sicht vieler eine geeignete Notbremse. Aber dann hört es mit der Einigkeit im Oppositionslager schon wieder auf - was offenbar an Teil zwei von Corbyns Plan liegt: eine Labour-geführte Übergangsregierung. In dieser dann ja folgerichtig Corbyn Premierminister wäre.
Corbyn fehlen die Mehrheiten
Die Parteichefin der Liberaldemokraten, Jo Swinson, lehnte das noch am späten Abend ab: "Corbyn bekommt keine Mehrheiten im Unterhaus zustande, und beim Thema Brexit, ehrlich gesagt, auch nicht", sagte Swinson.
Jo Swinson, die Chefin der Liberaldemokraten, ist gegen den Brexit..
Damit trifft sie eine wunde Stelle. Corbyns Brief mit dem Vorschlag zum Misstrauensvotum ging zwar in einen großen Parlamentsverteiler - aber der ist nicht groß genug. Manche Rebellen im konservativen Lager hat Corbyn gar nicht angeschrieben, dabei bräuchte er auch deren Stimme im Unterhaus.
Die Chefin der Liberaldemokraten hat aber ein noch viel größeres, grundsätzliches Problem mit dem Labour-Chef: "Corbyn möchte einen Labour-Brexit", sagte Swinson. Doch der Brexit sei in jeder Form ein Desaster für das Land. So lautet ihr finales, harsches Urteil zum Corbyn-Plan: "nonsense" - "Unsinn".
"Er hat weder Respekt noch Unterstützung"
In dieselbe Kerbe schlug auch Anna Soubry, einst Mitglied der Konservativen, und seit Februar Chefin der neuen Partei "Change UK", einer unabhängigen, EU-freundlichen Bewegung. Soubry wäre eine der vielen Parlamentarier, die Corbyn auf seine Seite ziehen müsste. Aber dazu ist der Labour-Chef zu umstritten. Auch bei der einflussreichen Abgeordneten. Soubry hält ihn für unaufrichtig: "Er will keine Volksabstimmung und er hat weder Respekt noch Unterstützung in seiner eigenen Partei - vom Unterhaus ganz zu schweigen."
Anna Soubry zweifelt an Jeremy Corbyns Akzeptanz.
Andere Oppositionsparteien waren zwar weniger böse, ihre Reaktionen aber auch nur lauwarm. Die Grünen, die Schottische SNP und die walisischen Sozialdemokraten begrüßten grundsätzlich, dass Labour die Initiative ergreift. Allen dreien gefällt jedoch die Reihenfolge nicht: sie wollen erst eine neue Volksabstimmung zur EU-Frage und dann Neuwahlen.