Kompromisssuche in London Mays Brexit-Deal passt Labour nicht
Gemeinsam zum Brexit-"Deal": Premierministerin May hat der oppositionellen Labour-Partei ein Angebot gemacht - doch die ist wenig begeistert.
Die Konservativen haben bei der Kommunalwahl mehr als 1300 Sitze in den Gemeinde- und Stadträten verloren. Die Konsequenz, die Premierministerin Theresa May aus diesem Desaster für ihre Partei zieht, lautet: Wir müssen jetzt gemeinsam mit der Labour Party den Brexit über die Bühne bringen. In einem Beitrag für die "Mail on Sunday" forderte die Premierministerin Oppositionsführer Jeremy Corbyn auf, die Meinungsverschiedenheiten beiseite zu legen und sich mit ihr auf einen Brexit-Deal zu einigen.
Schottische Konservative unterstützen Appell
Die Vorsitzende der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, unterstützte in der BBC diesen Appell: "Wir müssen den Brexit jetzt hinkriegen, damit das Land voran kommt." Die Unterhändler beider Parteien treffen sich am Dienstag wieder, die Premierministerin hofft dann auf einen Durchbruch bei den Verhandlungen. Die Chefin der schottischen Konservativen stößt ins gleiche Horn. Man müsse jetzt ein Abkommen erreichen, das eine Mehrheit im Unterhaus finde, so Davidson.
Doch so weit ist es noch lange nicht. Zwar hat auch Labour bei den Kommunalwahlen verloren. Doch gewonnen haben vor allem die Liberaldemokraten und die Grünen, die den Austritt Großbritanniens aus der EU verhindern wollen.
Die Vorsitzende der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, unterstützt Mays Appell.
Opposition gegen eine befristete Zollunion
Auch die meisten Labour-Mitglieder sind gegen den Brexit. Und das Angebot der Konservativen, über das die "Sunday Times" berichtet, ist überhaupt nicht nach dem Geschmack der Oppositionspartei: Eine Zollunion mit der EU, befristet bis zur nächsten Unterhauswahl. Geht gar nicht, sagt Schatten-Schatzkanzler John McDonnell: "Wir wollen eine Zollunion, aber wir wollen eine dauerhafte Zollunion. Wir haben ja inzwischen die Konservativen als Partei der Wirtschaft abgelöst: Die Wirtschaft will Sicherheit, nicht nur für ein paar Monate, sondern dauerhaft. Und das wollen wir auch."
Vertrauen in May? "Nein"
Labour fürchtet auch, dass Mays Nachfolger jedes jetzt erreichte Abkommen wieder einkassiert. Die Tage der Premierministerin sind gezählt, und der Widerstand in ihrer Fraktion gegen einen Kompromiss mit Labour ist groß. Ob er der Premierministerin vertraue, wurde Labours Schatten-Schatzkanzler deshalb gefragt. Die klare Antwort McDonnells: Nein.
Die Hoffnungen auf einen Brexit-Kompromiss sind damit also eher gering. Der alte EU-Skeptiker Nigel Farage wartet bereits, um mit seiner neuen Brexit-Party den Konservativen und Labour bei den Wahlen zum Europaparlament eine empfindliche Niederlage zu bereiten: "Wenn beide ihre Kompromisssuche jetzt so voran treiben, wird das als eine Koalition gegen das Volk angesehen. Millionen werden sich dann von Konservativen und Labour abwenden."