Kommunalwahl in Großbritannien "Sie wählten uns nicht mehr"
Große Gewinnerin der britischen Kommunalwahl sind die EU-freundlichen Liberaldemokraten. Tories und Labour verloren dagegen Mandate. Eigentlicher Stimmungstest aber wird die EU-Wahl sein.
Schwere Verluste für Theresa Mays Konservative gab es vor allem im Südwesten Englands. Tim Warren, Tory-Chef in Bath und Nord-Ost-Somerset, war am Tag nach der Wahl schwer enttäuscht: "Die Bürger auf den Straßen haben uns gesagt, sie trauten den Konservativen nicht mehr, sie wählten uns nicht mehr, vor allem wegen des Brexit."
Auch Labour, die größte Oppositionspartei, hat viele Sitze in den englischen Stadt- und Gemeindevertretungen verloren - vor allem in ihren Hochburgen im Nordosten, in den einst stolzen Industriestädten, die sich abgehängt fühlen und vor drei Jahren für den Austritt aus der EU stimmten.
Graeme Miller, der Labour-Bürgermeister von Sunderland, ist ebenfalls enttäuscht: "Die Leute haben von uns erwartet, den Brexit umzusetzen. Wenn wir das nicht tun, dann wählen sie uns hier nicht." Deswegen habe man in Sunderland so viele Sitze verloren.
Labour sackt weiter ab
Labour-Chef Jeremy Corbyn ging auf diesen Vorwurf nicht ein. Er zählte lieber die Städte auf, in denen seine Partei zulegte. Es sind allerdings nicht viele: Man habe in Trafford bei Manchester gewonnen, und es habe auch in anderen Teilen des Landes Gewinne gegeben - "das ist doch eine Basis".
Labour hatte sich aber mehr ausgerechnet: Die Partei erlebte schon vor vier Jahren einen schweren Einbruch bei den Kommunalwahlen und ist jetzt noch weiter abgesackt. Die Konservativen dagegen waren vor vier Jahren die klaren Gewinner gewesen und hatten jetzt mit Verlusten gerechnet.
So ist es jetzt auch gekommen. Premierministerin Theresa May erklärte daraufhin, die Wähler hätten den beiden großen Parteien die Botschaft übermittelt, jetzt endlich mit dem Brexit voranzukommen.
Unerwarteter Erfolg für die EU-freundlichen Liberalen
Doch so eindeutig ist der Wählerauftrag nicht. Denn die Liberaldemokraten erlebten diesmal ein Comeback. Sie wollen den Austritt Großbritanniens aus der EU verhindern. Bei den vorangegangenen Wahlen waren sie regelmäßig unter die Räder gekommen - jetzt legten sie deutlich zu. Der LibDem-Vorsitzende Vince Cable zeigte sich begeistert: Seine Partei sei überall der große Wahlgewinner, mit dem besten Ergebnis seit rund einem Vierteljahrhundert.
Am 23. Mai wird es ernst
Der wirkliche Test für die Stimmung im Lande kommt aber erst noch: am 23. Mai, wenn die Briten wohl doch noch mal zur EU-Wahl an die Urnen gerufen werden. Dann landesweit, und nicht wie gestern nur in einem Teil Großbritanniens.
Die etablierten Parteien müssen dann auch mit der Konkurrenz neuer Gruppierungen rechnen, die bei diesen Kommunalwahlen noch nicht auf dem Zettel standen. ChangeUK zum Beispiel, eine Partei frustrierter Konservativer und Labour-Politiker, die mit einem neuen Referendum den Brexit verhindern will. Und auf der anderen Seite die neue Brexit-Party des alten EU-Skeptikers Nigel Farage, die kompromisslos auf den Brexit setzt und in Umfragen stark abschneidet.