Brexit-Gespräche Kompromissbereiter nach der Niederlage?
Kommende Woche wollen sich Labour und Konservative wieder zusammensetzen - und wieder geht es um den Brexit. Nach der Niederlage beider Parteien bei der Kommunalwahl werden die Stimmen lauter, die eine baldige Einigung fordern.
Nach deutlichen Verlusten bei den Kommunalwahlen in Großbritannien wollen die konservative Partei von Premierministerin Theresa May und die Labour-Opposition verstärkt nach einem gemeinsamen Weg aus dem festgefahrenen Brexit-Streit suchen.
Die Wahlergebnisse seien eine "Strafe" für beide Parteien, die sich in den bisherigen Gesprächen nicht auf einen Kompromiss einigen konnten, sagte Justizminister David Gauke dem Sender BBC.
Labour-Chef Jeremy Corbyn sprach von einem "großen Anstoß" für die seit Wochen laufenden Gespräche zwischen Regierung und Opposition. Beide Seiten müssten sich nun einigen, sagte er dem Sender ITV. "Das Parlament muss dieses Problem lösen."
Labour-Chef Jeremy Corbyn fordert, dass sich beide Seiten im Brexit-Streit nun einigen müssten.
Kommunalwahl als Denkzettel genutzt
Kommende Woche wollen sich Konservative und Labour zusammensetzen, um sich über Austrittsbedingungen zu verständigen. Umweltminister Matt Hancock sagte, die Regierung müsse nun "in der Stimmung zum Kompromiss sein".
May räumte bereits am Freitag ein, dass die Wähler die Kommunalwahlen für einen Denkzettel genutzt hätten. Die "einfache Botschaft" der Wähler sei: "Weitermachen und Brexit liefern", sagte sie.
Der Unterhausabgeordnete Jacob Rees-Mogg, ein führender Euroskeptiker der Tories, rief seine Partei zu einem klaren Kurs raus aus der Europäischen Union auf. Die Wahlergebnisse seien "ein Weckruf, dass wir die wahre Brexit-Partei werden müssen, wenn wir überleben wollen", schrieb er im "Daily Telegraph". Dazu brauche es auch "eine neue Führung", argumentierte der Abgeordnete, der May wiederholt zum Rücktritt aufgerufen hatte.
Der Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg ruft zu einem klaren Kurs raus aus der EU auf.
Liberaldemokraten waren klare Gewinner
Bei den Kommunalwahlen am Donnerstag in Nordirland und großen Teilen Englands hatten die Konservativen im Vergleich zu vor vier Jahren 1335 von 4000 Sitzen sowie die Mehrheit in 45 Gemeinderäten verloren. Insgesamt ging es um mehr als 8000 Mandate.
Auch die oppositionelle Labour-Partei büßte 86 Sitze ein. Klare Gewinner waren die EU-freundlichen Liberaldemokraten mit 704 zusätzlichen Sitzen, auch die Grünen legten zu. Die in den Umfragen zur Europawahl starke neue Brexit-Partei durfte noch nicht an den Kommunalwahlen teilnehmen.
Weitere Verluste bei der Europawahl erwartet
Tories und Labour rechnen mit noch größeren Verlusten bei der bevorstehenden Europawahl. Der konservative Kandidat Tim Warren, der seinen Sitz in Bath und dem North East Somerset Council verlor, sagte, die Wähler hätten seine Partei abgestraft, weil sie politisch zu wenig zuwege gebracht habe. Diejenigen, die beim Brexit-Referendum für den Austritt gestimmt hätten, seien unzufrieden, dass der noch nicht erfolgt sei. Und die, die dagegen gewesen seien, seien immer noch dagegen.
Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament sind die Konservativen und Labour mit neuer Konkurrenz in Form der EU-feindlichen Brexit-Partei und der proeuropäischen Partei Change UK konfrontiert. Keine der beiden Parteien hatte an den Kommunalwahlen teilgenommen.
Austrittsvertrag mehrfach durchgefallen
Fast drei Jahre nach dem Referendum sind Zeit und Bedingungen des Brexits unklar. Im Parlament fiel Mays mit der EU ausgehandelter Scheidungsvertrag gleich mehrmals durch und auch sonst wurde nicht klar, wie sich Regierung, Tories und auch Labour die Zukunft ohne EU-Mitgliedschaft vorstellen.