Brexit-Verhandlungen Der Ton wird rauer, der Geduldsfaden dünner
Eigentlich hätten die Briten ein Update zur geplanten Brexit-Übergangsphase vorlegen sollen, doch daraus wurde nichts. EU-Chefunterhändler Barnier reagiert genervt auf die erneute Verzögerung. Von Kai Küstner.
Der Brexit-Unterhändler der EU begann seine Begegnung mit der Brüsseler Presse eigentlich recht gut gelaunt. Michel Barnier lobte die versammelten Journalisten dafür, dass sie lieber ihm zuhören wollten, als sich die Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele anzuschauen.
Doch das hielt den Franzosen nicht davon ab, nur wenige Sekunden später Klartext zu reden. Es gebe, sagte Barnier, noch deutliche Meinungsunterschiede bei der geplanten Brexit-Übergangsphase. Und damit es auch wirklich jeder verstand, fügte er auf Französisch und Englisch hinzu: "Die Übergangsphase kann nicht als gegeben hingenommen werden."
Brüssel wird langsam ungeduldig
Die für die Zeit vom 30. März 2019 bis Ende 2020 geplante Zwischenphase soll eigentlich verhindern, dass ganz plötzlich das Königreich aus der EU hinauspurzelt und abrupt die Zollschranken wieder hochgehen.
Eine deutliche Warnung also aus Brüssel in Richtung London, das nicht nur in dieser Frage langsam ungeduldig wird: "Wir hatten auch geplant, dass die Briten uns auf den neusten Stand bringen bezüglich der künftigen Beziehungen. Dieses Update am Vormittag wurde wegen Terminschwierigkeiten von der britischen Seite abgesagt", sagte Barnier.
So wartet man denn auf EU-Seite weiter händeringend darauf, dass London seine Vorstellungen präzisiert, welche Art von Handelsabkommen es sich für die Zukunft wünscht. Also: Wie hart oder weich der Brexit eigentlich werden soll.
Ohne Zollunion würden Grenzkontrollen unvermeidlich
Bislang war das daran gescheitert, dass die Regierung von Premierministerin Theresa May ein in sich zerstrittenes Bild abgab und kaum in der Lage schien, sich mit sich selbst zu einigen, geschweige denn mit Brüssel. Doch die EU macht Druck. Barnier ließ es sich nicht nehmen, noch eine Warnung über den Ärmelkanal zu schicken, bezüglich der irisch-nordirischen Grenze: "Es ist wichtig, die Wahrheit zu sagen. Entscheidet sich das Vereinigte Königreich, den Binnenmarkt und die Zollunion zu verlassen, würde das Grenzkontrollen unvermeidlich machen."
Dabei hatte Theresa May im Dezember unzweideutig zugesagt, die Grenze würde offen bleiben. Unüberhörbar wird mit der lauter tickenden Uhr nun auch der Ton zwischen Brüssel und London wieder lauter.
Wollten Königreich nie bestrafen
Hatte doch der britische Brexit-Minister David Davis der EU vorgeworfen, "unhöflich" zu sein - weil die eine Art Sicherung in den Übergangsvertrag einbauen will. Diese Sicherung sieht vor, dass die Briten im Streitfall aus dem Binnenmarkt ausgeschlossen werden können in dieser Zwischenphase. "Unsere Haltung und meine Haltung in den gesamten Verhandlungen war nie unhöflich oder rachsüchtig. Wir wollten das Königreich nie bestrafen. Das ist mir völlig fremd", so Barnier.
Doch es scheint sich bereits abzuzeichnen, was Experten von Anfang an prophezeit hatten: Die zweite Verhandlungsphase wird viel härter werden als die erste.