Nach IGH-Urteil gegen Israel Staaten fordern Ende der Rafah-Offensive
Das UN-Weltgericht hat geurteilt - doch wenig beeindruckt davon geht Israel weiter in Rafah vor. Das sei "absolut verwerflich", hieß es nun aus Irland. Auch Spanien beharrt darauf, dass Israel dem Urteil folgt und die Offensive beendet.
Trotz des Urteils des Internationalen Gerichtshof (IGH) setzt Israel seine Offensive in Rafah im südlichen Gazastreifen fort. Spanien und Irland forderten das Land daher auf, den Militäreinsatz sofort zu stoppen - wie es der IGH angeordnet hatte.
Diese Maßnahmen seien obligatorisch, betonte Spaniens Außenminister José Manuel Albares auf der Plattform X. Madrid fordere "auch einen Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln und humanitären Zugang. Das Leiden der Menschen im Gazastreifen und die Gewalt müssen ein Ende haben". Spanien gehört seit langem zu den schärfsten Kritikern in Europa am militärischen Vorgehen Israels in Gaza.
Irlands Regierungschef Simon Harris bezeichnete die Fortsetzung der israelischen Militäroperationen in Rafah als "absolut verwerflich". Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu müsse sofort von der Offensive ablassen, so Harris. Spanien und Irland hatten am Mittwoch zusammen mit Norwegen angekündigt, einen Palästinenserstaat anerkennen zu wollen.
Habeck: "Israel hat Grenzen überschritten"
Auch aus Deutschland kamen mahnende Worte Richtung Israel. Vizekanzler Robert Habeck warf dem verbündeten Land Bruch mit dem Völkerrecht vor. "Selbstverständlich muss Israel sich an das Völkerrecht halten. Und die Hungersnot, das Leid der palästinensischen Bevölkerung, die Angriffe im Gazastreifen sind - wie wir jetzt auch ja gerichtlich sehen - mit dem Völkerrecht nicht vereinbar", sagte er in einem Bürgergespräch beim Demokratiefest anlässlich des 75-jährigen Grundgesetz-Jubiläums.
"Das heißt, es ist in der Tat so, dass Israel dort Grenzen überschritten hat, und das darf es nicht tun." Gleichzeitig verwies der Grünen-Politiker darauf, dass die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen den Krieg sofort beenden könnte, wenn sie ihre Waffen niederlegen würde.
Borrell: "IGH-Anordnungen müssen umgesetzt werden"
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell appellierte ebenfalls an Israel, dem Entscheid des Weltgerichts zu folgen. Man nehme die Anordnungen zur Kenntnis, schrieb er auf X.
Dabei nannte er auch die übrigen Anweisungen: die Öffnung des Grenzübergangs Rafah für humanitäre Hilfe, Zugang für UN-Ermittler zur Untersuchung von Völkermordvorwürfen und die Aufforderung an Israel, einen Bericht über die Umsetzung der Maßnahmen vorzulegen. "Die Anordnungen des IGH sind für die Parteien verbindlich und müssen vollständig und wirksam umgesetzt werden", so Borrell.
USA: "Position zu Rafah klar und deutlich"
Die USA - als Israels wichtigster Verbündeter - reagierten hingegen zurückhaltend auf das Urteil des IGH. Auf Nachfrage diverser Medien teilte das US-Außenministerium lediglich mit: "Wir haben unsere Position zu Rafah klar und deutlich dargelegt."
Zuletzt hatte das Land erklärt, die Einsätze in Rafah hätten bislang nicht das Ausmaß erreicht, vor dem die US-Regierung gewarnt habe. Die USA lehnen eine große israelische Bodenoffensive in Rafah ab.
Israel pocht auf Selbstverteidigungsrecht
Derweil berichtete das israelische Militär weiter aus Rafah: Soldaten töteten mehrere palästinensische Bewaffnete, die zuvor auf die Israelis geschossen hätten. Zudem habe man in der Stadt weitere Waffenlager und Tunnelschächte gefunden. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete unter Berufung auf Krankenhausmitarbeiter, bei einem israelischen Luftangriff sei in Rafah ein Zivilist getötet worden.
Der IGH hatte Israel am Freitag zu einer sofortigen Beendigung des Militäreinsatzes in Rafah verpflichtet. Mit der Entscheidung entsprach das höchste Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag einer Forderung Südafrikas. Nach Auffassung der Richter ist die humanitäre Lage in Rafah inzwischen desaströs. Zusätzliche Maßnahmen seien nötig, um weiteren Schaden für die Zivilbevölkerung abzuwenden.
Israel betonte jedoch sein Recht auf Selbstverteidigung. Das Land habe nach dem Terrorangriff vom 7. Oktober einen "gerechten Verteidigungskrieg" begonnen, um die Hamas zu eliminieren und die Geiseln zu befreien, hieß es.