Folgen des Nahost-Kriegs Das traurige Weihnachten in Bethlehem
Wegen des Krieges hat Israel den Zugang nach Bethlehem stark eingeschränkt. Weder Pilger noch Touristen dürfen die Stadt betreten. Dabei ist Bethlehem besonders zu Weihnachten wirtschaftlich auf Besucher angewiesen.
Dort, wo sonst der riesige bunt behangene und beleuchtete Baum mitten auf dem zentralen Platz in Bethlehem steht, ist nichts: kein Baum, keine Lichter. Einige Jugendliche drehen mit den Mopeds ihre Runden. Von vorweihnachtlicher Stimmung in der Stadt, in der Jesus der Überlieferung nach auf die Welt kam, ist keine Spur.
Jad Soulieman blickt auf den leeren Platz und schüttelt den Kopf. "Ich bin enttäuscht. Wir haben in diesem Jahr keinen Weihnachtsbaum. Das ist unglaublich traurig", sagt er. Kinder seien jedes Jahr wegen des Baumes und der Lichter gekommen. "Sie spielten hier und freuten sich auf Weihnachten. Dieses Jahr gibt es nichts zu feiern."
"Die Eingänge Bethlehems sind geschlossen"
Traurig - das ist Wort, das einem beim Gang durch die Altstadt von Bethlehem am häufigsten entgegenschlägt. So empfinden es die Menschen in der Stadt. Auch für die Christen in Palästina ist die Situation frustrierend. Khouloud Daibes ist in Bethlehem geboren. Sie ist Christin und war palästinensische Ministerin für Tourismus und Altertümer. Zuletzt lebte sie fast zehn Jahre als palästinensische Botschafterin in Deutschland.
Sie kritisiert, dass Israel zuletzt den Zugang in die Stadt beschränkt hat. "Die Eingänge Bethlehems sind geschlossen. Das heißt: Christliche Palästinenser aus Jerusalem, aus der Umgebung, aus Ramallah und aus Nazareth können dieses Jahr nicht in Bethlehem feiern", sagt sie. Auch Touristen könnten nicht nach Bethlehem kommen.
Bethlehem lebt vom Tourismus
In der Geburtskirche, wo sich sonst lange Besucherschlangen bis auf den Platz ziehen, herrscht gähnende Leere. Es fehlen die Pilgergruppen. Besonders hart treffen die Menschen in der Stadt die wirtschaftlichen Auswirkungen. Denn Bethlehem lebt vom Tourismus, vor allem in der Weihnachtszeit.
In der Werkstatt von Jack Giacaman wird zwar gearbeitet. Doch nur ein Schnitzer ist beschäftigt. Behutsam schleift er die Krippenfiguren glatt. Jack Giacaman verkauft Weihnachtskrippen und biblische Figuren aus dem Holz des Olivenbaumes. 80 Prozent seines Umsatzes macht er an Weihnachten. In diesem Jahr ist alles anders.
Er habe 600 große Weihnachtskrippen vorbereitet, doch davon habe er bisher nur wenige Stück verkaufen können, erzählt Giacaman. Es seien einige Online-Bestellungen eingegangen, die nun verschifft werden sollten. "Aber sogar hier werden wir nun verschärft kontrolliert. Es gibt kaum eine Möglichkeit, unsere Waren zu verschiffen."
"Nirgends gibt es Arbeit"
Die Regale in Giacamans Krippen-Geschäft, das seit Generationen von der Familie betrieben wird, sind voll. Doch die Kundschaft fehlt. Nach den harten Jahren in der Corona-Pandemie trifft ihn der Krieg in Gaza und das Ausbleiben der Touristen und Pilgergruppen besonders hart. Aber er ist nicht der einzige.
"Bethlehem ist von den Touristen abhängig - Restaurants, Souvenirshops, die Olivenholz-Werkstätten. Nirgends gibt es Arbeit", erklärt der Handwerker. Der Markt sei wie leergefegt. Da gehe nichts. "Ich glaube nicht, dass man in Bethlehem auch nur einen Dollar verdienen kann. Die Leute können sich grundlegende Dinge nicht mehr leisten."
Taxifahrer Osama wartet am zentralen Platz vergeblich auf Fahrgäste. Er weiß, so schnell wird sich nichts ändern. Er hat nur einen Wunsch: "Ich hoffe so sehr, dass der Krieg bald endet. Für Israel und Palästina. Ich will Frieden. Wir alle hier beten, dass es bald Frieden gibt." Das ist die Friedensbotschaft aus Bethlehem, die selten so wichtig war wie in diesem Jahr.