Folgen des Nahost-Kriegs Israel fehlen die Arbeiter - Palästinensern die Jobs
Der Terrorangriff der Hamas hat das Misstrauen zwischen Israelis und Palästinensern verschärft. So sehr, dass letztere auf israelischem Gebiet kaum noch Jobs bekommen - obwohl dort die Wirtschaft am Boden liegt.
Der Saha-Platz, mitten in Hebron, der größten palästinensischen Stadt im Westjordanland. Früh am Morgen warten schon die Taxis auf Kundschaft. Obst- und Gemüsestände werden aufgebaut.
Am Rand stehen Männer, die nach Arbeit suchen. Ibrahim Abu Sneneh hofft auf ein paar Jobs als Taxifahrer. Jahrelang hat er in Israel auf dem Bau gearbeitet. Doch jetzt fehlt ihm und seiner Familie das Geld. Er hat elf Kinder.
"Wir haben in Israel gearbeitet und geschlafen. Aber jetzt erdrückt uns die Lage. Sie sind sehr streng mit den Genehmigungen", berichtet Sneneh. "Durch diesen Krieg bleiben alle Arbeiter hier. Die, die gut gelebt haben, müssen sich jetzt Geld leihen. Die Situation ist sehr schwierig und wir hoffen, dass der Krieg aufhört und sich die Lage verbessert."
Terrorangriff führte zu Arbeitslosigkeit
Bis zu 120.000 Arbeitsgenehmigungen gab es für Palästinenser - vor dem Krieg. Viele von Ihnen fuhren jeden Tag über der Grenze. Zehntausende arbeiteten auf Baustellen. Viele auch in der Landwirtschaft. Seit dem Terrorangriff der Hamas ist es damit vorbei.
Auch für Jawer Youni Terafaieh. Er macht gerade den Innenausbau in einem Cafè und hat Glück gehabt, in Hebron einen Job zu gefunden zu haben. Seit dem 7. Oktober hatte er aber erst vier Arbeitstage, das reicht hinten und vorne nicht: "Ich habe Maler- und Dekorateurarbeiten gemacht, in der Gegend um Be’er Sheva. Aber seit Kriegsbeginn konnten wir nicht nach Israel und haben nicht gearbeitet."
Sicherheitsinteressen gegen Wirtschaftsinteressen
Für Israels Wirtschaft ist das inzwischen ein Problem. Die Bauindustrie liegt am Boden, auch weil die Arbeiter fehlen. Man sei zurzeit nur bei 15 Prozent, heißt es vom Verband der Bauunternehmer. Und auch in der Landwirtschaft fehlen die Arbeitskräfte.
Doch Israels Regierung ist im Streit: Sicherheitsinteressen stehen gegen Wirtschaftsinteressen. Bezalel Smotrich, Israels rechtsextremer Finanzminister, hält die palästinensischen Arbeiter für ein Sicherheitsrisiko: "Das Konzept, dass wir Sicherheitsgefahren auf uns nehmen, um uns damit Ruhe und Sicherheit in der Westbank zu erkaufen, weil sie dann ein Einkommen haben, ist ein Konzept, das am 7. Oktober gescheitert ist. Wir sollten uns alle davon lösen."
Einkommen für viele Familien in der Westbank
Tatsächlich haben die Arbeiter im Westjordanland viele Familien ernährt - und mehr als umgerechnet 350 Millionen Euro an Lohn in die Westbank gebracht. Auch deshalb will Verteidigungsminister Yoav Gallant, dass es wieder Arbeitsgenehmigungen gibt - für ihn trägt das gerade zur Sicherheit bei: "Ich bin der Meinung, dass wir die Ausreise von Arbeitern für die Arbeit in Israel ermöglichen müssen. Gute Wirtschaft und Wohlstand bei den Palästinensern in Judäa und Samaria stehen im Sicherheitsinteresse Israels."
Doch Israels Regierung konnte sich bisher nicht einigen. Jawer Youni Tererfaieh versucht jetzt in Hebron alle Jobs zu bekommen, die er kriegen kann. Optimistisch, dass er wieder regulär in Israel arbeiten kann, ist er nicht. "Mit all den Äußerungen die es von Israel gab, scheint es schwierig zu werden, da wieder zu arbeiten. Sie sagen, sie wollen sogar lieber Arbeiter aus dem Ausland holen. Die palästinensischen Arbeiter haben die Hoffnung verloren."
Deshalb werden sie morgen wieder auf dem großen Platz in Hebron stehen - und hoffen, dass es doch Arbeit gibt.