Gespräche über Geisel-Deal Verhandlungen unter schwierigen Vorzeichen
In Ägypten verhandeln Vertreter der USA, Israels und der Hamas über eine Feuerpause und einen Geisel-Deal. Doch es gibt Zweifel, ob Israel überhaupt interessiert ist - und ob Katar der richtige Vermittler ist
Wieder sind die Delegationen nach Ägypten gereist und wieder wird über einen Deal verhandelt. William Burns ist dort, der Chef des US-Geheimdienstes CIA, und sein israelischer Amtskollege, Mossad-Chef David Barnea. Ägypten und Katar sitzen am Verhandlungstisch und auch Vertreter der Hamas sollen sich in Ägypten aufhalten.
Osama Hamdan, ein hoher Vertreter der radikal-islamistischen Hamas im Libanon, hat zwar in früheren Zeiten zur Zerstörung Israels aufgerufen. Vor ein paar Tagen aber begrüßte er die neue Initiative. "Wir schätzen die Bemühungen, die unsere Brüder in Ägypten und Katar unternehmen, um eine dauerhafte Feuerpause in Gaza zu erreichen und die andauernde Aggression gegen die Palästinenser zu beenden", so Hamdan.
Feuerpause nur gegen die Freilassung der Geiseln
Es geht um eine Feuerpause, die aus Sicht von US-Präsident Joe Biden mindestens sechs Wochen dauern soll. Dann solle etwas Dauerhaftes aufgebaut werden, sagte Biden. Doch diese Feuerpause wird nur gegen die Freilassung von Geiseln kommen. Rund 100 sollen noch im Gazastreifen sein, dazu kommen mehr als 30 Geiseln, die infolge der Kampfhandlungen schon ums Leben gekommen sein sollen.
Die Hamas fordert die Freilassung palästinensischer Gefangener in israelischen Gefängnissen, von 1.500 Personen ist die Rede. Auch deshalb lehnt Zvi Sukkot, ein rechtsextremer jüdischer Siedler, der im israelischen Parlament sitzt, einen Deal mit der Hamas ab und er hat auch ein Problem mit einem der Vermittler.
Er glaube nicht daran, dass sich aus den Gesprächen in Kairo etwas entwickelt. Und mit dieser Haltung sei er nicht allein, die meisten Regierungsmitglieder sähen das genauso. "Vor allem die Kataris als Vermittler aufzustellen, ist problematisch. Der einzige Weg, die Geiseln zurückzubringen, ist, mit dem Fuß auf Sinwars Hals zu stehen, dann wird er einem Deal zustimmen", so Sukkot mit Blick auf den Hamas-Führer Jahia Sinwar, der als Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober gilt. "Die Kataris stehen auf der Seite des Bösen, es gibt bessere Vermittler", meint Sukkot.
Zweifel an Israels Interesse
Ähnlich hatte sich vor Kurzem auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu geäußert - und hatte damit die Vermittler aus Katar vor den Kopf gestoßen. Er erklärt immer wieder, das nur anhaltender militärischer Druck zum vollständigen Sieg führen werde. Wegen Aussagen wie dieser gibt es Zweifel daran, ob Israels Regierung eine Feuerpause überhaupt will.
Die wichtigste Frage aus israelischer Sicht sei die Geiselfrage, sagt Avi Dichter, Parteifreund von Netanyahu und Landwirtschaftsminister. "Dieser Krieg wird nicht ohne die Rückkehr aller Geiseln beendet. Der nächste Deal wird um alle Geiseln gehen müssen, auch wenn das heißt, dass die Geiseln in aufeinanderfolgenden Phasen freigelassen werden", so Dichter. Falls nicht, gäben sie der Hamas wieder Luft zum Atmen. Sie dürften nicht denken, sie könnten Spielchen spielen. "Dann wird der Krieg nur noch komplizierter, problematischer und die Einhaltung der Ziele wird schwieriger", befürchtet Dichter.
Bodenoffensive in Rafah erwartet
Zu den Zielen Israels gehört auch eine Offensive in Rafah, dem Grenzort im Gazastreifen zu Ägypten. Auch hier wird Infrastruktur der Hamas und weiterer Terrororganisationen vermutet. Es gibt Berichte über Tunnel nach Ägypten, über die auch Waffen in den Gazastreifen gekommen sein sollen.
Deshalb müsse Israels Armee den Einsatz in Rafah ausweiten, so Benny Gantz, der Teil des Kriegskabinetts ist. "Kein Zweifel, dass überall dort, wo sich Terror befindet, gehandelt werden muss. Auch ein breit angelegtes Vorgehen in Rafah steht nicht infrage", sagt Gantz. "Wir führen Gespräche mit unseren Freunden in der Welt, vor allem mit Ägypten. Wir werden alles tun, was uns Handlungsfähigkeit ermöglicht. Das betrifft die Evakuierung der Bevölkerung, die Sicherung der Grenzen und die Vorbereitung für eine Bodenoffensive."
Humanitäre Katastrophe befürchtet
Schon jetzt werden die Kämpfe am Rand von Rafah intensiver, auch die Luftangriffe und der Beschuss von Zielen in der Stadt haben zugenommen. Mehr als 1,3 Millionen Menschen sollen sich dort aufhalten. Sie suchen Schutz vor den Kampfhandlungen und hoffen, dort leichter an Hilfsgüter zu kommen.
Wie diese Menschen in Sicherheit gebracht werden können, ist noch offen. Israel schlägt den Bau großer Zeltstädte im Südwesten des Gazastreifens vor. Ob es die jemals geben wird, ist unklar. Und bis dahin muss mit vielen weiteren zivilen Opfern gerechnet werden. Mehrere Staaten, darunter Deutschland rechnen mit einer humanitären Katastrophe in Rafah.