Tote im Süden des Gazastreifens Die ausweglose Situation in Rafah
Israel greift im Kampf gegen die Hamas nun Rafah im Süden des Gazastreifens an. Doch dorthin haben sich Hunderttausende Zivilisten geflüchtet. Vor einer "humanitäre Katastrophe mit Ansage" warnt Bundesaußenministerin Baerbock.
In ihrem Kampf gegen die Terrormiliz Hamas greift die israelische Armee nun vermehrt Ziele im Süden des Gazastreifens an. Im Fokus steht die Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten. Dort sollen sich etwa 1,3 Millionen Menschen aufhalten, die meisten von ihnen sind aus anderen Teilen des Gazastreifens dorthin geflohen.
Bei Angriffen aus der Luft auf zwei Häuser sollen mehr als 20 Menschen getötet worden sein, hieß es aus medizinischen Kreisen. Auch der Bürgermeister der Stadt, Mohammed al-Sufi, bestätigte der Nachrichtenagentur dpa die Opferzahl. Die Agentur AP berichtet von mindestens 44 Opfern.
Israelische Soldaten bombardierten außerdem ein Fahrzeug der Hamas und töteten dabei drei Personen, darunter den Chef des Polizeigeheimdienstes der Islamistenorganisation sowie dessen Stellvertreter, wie es aus Polizeikreisen und von Augenzeugen hieß. Israels Militär erklärte, man habe bei Luftangriffen zwei Funktionäre der Hamas getötet. Eine der Zielpersonen sei für die Sicherheit der Führungsriege verantwortlich gewesen, hieß es in einer Erklärung. Erwähnt wurde zudem eine dritte Person, die getötet worden sei.
Offensive auf Rafah von Netanyahu angeordnet
Rafah ist der einzige Ort im gesamten Küstenstreifen, in dem die Hamas noch die Kontrolle ausübt. Derzeit sind in der Stadt noch keine israelischen Bodentruppen im Einsatz.
Das könnte sich bald aber ändern. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hatte gestern der Armee den Befehl erteilt, eine Offensive auf Rafah vorzubereiten. In der Stadt gebe es noch immer vier verbleibende Hamas-Bataillone. Die Militärführung solle die Evakuierung der Zivilisten planen.
Die Menschen in Rafah reagierten auf die Ankündigung Netanyahus teilweise panisch. Wohin sie bei einer Ausweitung der israelischen Bodenoffensive noch gehen könnten, ist unklar. Der Gazastreifen ist abgeriegelt, die etwa 2,3 Millionen Bewohner können den Küstenstreifen nicht verlassen.
"Menschen in Gaza können sich nicht in Luft auflösen"
International löste die Ankündigung einer Offensive auf Rafah deutliche Kritik aus. Außenministerin Annalena Baerbock warnte, dies "wäre eine humanitäre Katastrophe mit Ansage". Die Grünen-Politikerin schrieb auf X: "Die Menschen in Gaza können sich nicht in Luft auflösen."
Baerbock betonte, dass Israel sich gegen den Hamas-Terror verteidigen, das Leid der Zivilbevölkerung aber größtmöglich lindern müsse. Deshalb brauche es eine weitere Feuerpause, auch damit weitere Geiseln freikämen.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres und die US-Regierung warnten vor einer humanitären Katastrophe und den Folgen für die gesamte Region. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas nannte die Offensive auf Rafah ein "gefährliches Vorspiel" zu einer Politik der Vertreibung. Er rief den UN-Sicherheitsrat dazu auf, tätig zu werden.