Gaza-Krieg UN beklagen kritische Versorgungslage
Nach UN-Angaben sind im Gazastreifen Hunderttausende Menschen vom Hungertod bedroht. Insbesondere Kinder seien betroffen. Israel entgegnet jedoch, dass genügend Nahrungsmittel vorhanden seien.
Die Hilfsgüter kommen in den Gazastreifen. Zu sehen sind Lkw am Grenzübergang Kerem Shalom, den Israel vor ein paar Tagen geöffnet hat. Bilder der Nachrichtenagentur AP zeigen einen der Lkw-Fahrer. "Ich bin Mahmoud, ich komme aus Ägypten und bringe Mehl für unsere palästinensischen Brüder, Hilfe", sagt er.
Laut Israel keine Nahrungsknappheit
Israels Botschaft ist: Die Bevölkerung im Gazastreifen wird versorgt. Journalisten wurden eingeladen, das anzusehen, zumindest von außen. Vor dem Gaza-Krieg wurden über den israelischen Grenzübergang Kerem Shalom rund 500 Lkw an einem Tag abgewickelt. Jetzt sind es deutlich weniger.
Doch Moshe Tetro, der Chef der israelischen Verwaltung für den Gazastreifen, ist sich sicher: Es kommen genügend Nahrungsmittel in den Gazastreifen: "Was Nahrungsmittel angeht, reichen die Vorräte in Gaza für die nächste Zeit. Es gibt keine Lebensmittelknappheit in Gaza. Internationale Organisationen bringen jeden Tag Lebensmittel in den Gazastreifen."
Der israelische Verwaltungschef Tetro sieht keine Lebensmittelknappheit im Gazastreifen.
Vereinte Nationen widersprechen
Eine Aussage, die in krassem Gegensatz steht zu dem, was die Vereinten Nationen berichten. Demnach sind Hunderttausende Menschen im Gazastreifen inzwischen vom Hungertod bedroht. 90 Prozent der Bevölkerung haben keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln. In 80 Prozent der Haushalte im Norden und 50 Prozent im Süden gibt es für Familien manchmal tagelang nichts zu essen, so die Vereinten Nationen.
Rund die Hälfte der Bevölkerung im Gazastreifen ist minderjährig, die Kinder leiden besonders, sagt Ricardo Pires, Sprecher des UN-Kinderhilfswerks UNICEF gegenüber dem Fernsehsender Sky News: "Gaza ist zu einem Kinderfriedhof mutiert. Gaza ist der gefährlichste Ort auf der Welt, um ein Kind zu sein. Die Kinder sind also in akuter Gefahr. Es gibt keine sicheren Zonen für sie, sie haben kein Wasser, sie haben kein Essen. Sie haben keine Medizin. Es ist eine katastrophale Situation für sie."
Verteilung der Güter schwierig
Denn das Problem ist nicht nur die Menge der Hilfsgüter, die in den Gazastreifen kommt. Sie müssen auch verteilt werden. Wegen der Kampfhandlungen und weil viele UN-Einrichtungen zerstört sind und UN-Mitarbeiter getötet wurden, gelingt das nur an wenigen Orten.
Die Folge der Mangelernährung und der hygienischen Verhältnisse, in denen viele Menschen dort leben, sind Infektionskrankheiten, die sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sprunghaft ausbreiten. Nur noch neun von einst 36 Krankenhäusern im Gazastreifen können noch arbeiten, und das auch nur teilweise.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee
Weitere Gebiete sollen evakuiert werden
Israels Armee hat derweil die Menschen in weiteren Gebieten zur Evakuierung aufgefordert. Betroffen ist die Mitte des Gazastreifens, aber auch Chan Junis im Süden, wo nun noch einmal 20 Prozent der Stadt geräumt werden sollen. Eine Frau, die AP gefilmt hat, steht stellvertretend für viele, die nicht mehr wissen, wohin. "Wir haben Menschen gesehen, die Hälfte wollte nach Rafah, die andere nach Chan Junis", sagt sie. "Wir wollten zum nächstmöglichen Ort. Es gibt keine Wasserversorgung wie in Rafah. Alles ist teuer, wir können nichts für unsere Kinder kaufen."
1,9 Millionen Menschen im Gazastreifen sind zu Binnenvertriebenen geworden. Laut der israelischen Militärführung wird der Krieg noch lange dauern.