Menschen auf einer Kundgebung in Kairo halten Flaggen Palästinas. (Archiv, Foto: 20.10.2023)
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Krieg im Nahen Osten Schwierige Zeiten für deutsche Stiftungen in Nahost

Stand: 27.01.2024 09:35 Uhr

Deutschland steht im Nahost-Krieg klar an der Seite Israels. In der arabischen Welt löst das Unmut aus: NGOs und politische Stiftungen aus Deutschland, die in der Region tätig sind, sehen sich in ihrer Arbeit beeinträchtigt.

Von Eric Beres, zzt. Studio Kairo

Im vergangenen Dezember erschien auf der libanesischen Nachrichtenplattform "Megaphonenews" ein Video: Es zeigt eine pro-palästinensische Protestaktion bei einer von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) unterstützten Veranstaltung an der Beiruter Sankt-Joseph-Universität. Es war der Abschluss eines Trainingsprogramms für junge Libanesinnen und Libanesen, die im Führen politischer Debatten geschult wurden. Aktivisten halten Spruchbänder in die Höhe. Was genau dort steht, ist nicht zu erkennen. Laut "Megaphonenews" ging es ihnen um Protest gegen die KAS, die ihre Unterstützung für Israels Besatzung und deren Krieg im Gazastreifen ausgesprochen habe.  

 

"Netzwerkarbeit" statt Öffentlichkeit

Das Beispiel zeigt: Politische Stiftungen und andere Institutionen, die in der arabischen Welt arbeiten, spüren direkt die Folgen der aktuellen deutschen Außenpolitik. Laut KAS gehörten die Aktivisten nicht zu den Teilnehmern des Trainingsprogramms, sondern zu einer externen Studentengruppe. Die CDU-nahe Stiftung führt die Stimmung unter anderem darauf zurück, dass in Ländern wie Libanon Angst herrsche, in den Krieg hineingezogen zu werden.

Es gebe in vielen arabischen Ländern eine "einseitige Sichtweise" auf die aktuelle Krise in Nahost. So werde etwa das Schicksal der israelischen Geiseln "ausgeblendet", heißt es auf Anfrage der ARD. Auffällig ist, dass seit Oktober auf der Website der KAS keine Berichte mehr über Aktivitäten der Stiftung veröffentlicht wurden. Die KAS erklärt das damit, dass man nun auf "Beratung und Netzwerkarbeit [setze] und weniger auf öffentlichkeitswirksame Formate" - so heißt es in der Stellungnahme.

"Irritationen" bei lokalen Partnern

Auch die der FDP nahestehende Friedrich-Naumann-Stiftung hat nach eigenen Angaben einige Veranstaltungen "aus Gründen der Solidarität und der Opfer auf einen späteren, aber unbestimmten Zeitpunkt verschoben". Besonders in Jordanien - dort leben viele Palästinenser - sei die Stimmung "hoch emotionalisiert". Es habe sogar Aufrufe zur Blockade der deutschen Botschaft gegeben, berichtet Jörg Dehnert, zuständiger Regionalbüroleiter der Stiftung.

Die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung spricht von "Rückfragen und Irritationen in unserem Partnerspektrum".

Und die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung teilt mit, dass sich in der Region vor allem junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer von politischen Bildungsprojekten distanzieren würden.

Langjährige Mitarbeiter kündigen

Noch gravierender sind die Folgen offenbar für die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die der Linkspartei nahe steht und die Büros in Ramallah, Tel Aviv, Beirut und Tunis unterhält. Und das, obwohl man versuche, mit kritischer Arbeit in Bezug auf die Palästinenser und Israel "einen kleinen Unterschied" zu machen.

Man habe langjährige Kooperationspartner verloren, einige lokale Mitarbeiter hätten sogar gekündigt. "Unsere Arbeit in der Region ist stark beeinträchtigt", heißt es auf Anfrage. Gesprächs- und Kooperationspartner seien "fassungslos über die vermeintliche Akzeptanz der Kriegshandlungen in Gaza, die neben der großen Zahl von Toten und Verletzten fast die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens zu Binnenflüchtlingen gemacht haben".

Angst vor "Glaubwürdigkeitsverlust"

In Kreisen deutscher Nichtregierungsorganisationen und anderer Institutionen wird teils massive Kritik an der deutschen Außenpolitik geübt. Ein Mitarbeiter, der anonym bleiben will, spricht von einer "Schneise der Verwüstung" in den deutsch-arabischen Beziehungen. Vorschnell habe die Bundesregierung etwa Südafrikas Klage gegen Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen möglichem Völkermord zurückgewiesen.

Auswärtiges Amt: Direkter Austausch wichtig

Das Auswärtige Amt äußert sich zu dieser konkreten Kritik auf Anfrage nicht. Nur so viel: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock habe auf ihren Nah- und Mittelostreisen seit dem 7. Oktober immer wieder betont, "wie wichtig der direkte Austausch und die Zusammenarbeit mit den Staaten der Region ist".  

Jörg Dehnert von der Friedrich-Naumann-Stiftung schätzt, dass die Zusammenarbeit mit Partnern künftig noch schwieriger werden wird: "Partner, insbesondere im NGO-Bereich, werden innerhalb ihrer Länder größeren Widerständen ausgesetzt sein", sagt er. Dies könne sie dazu zwingen, die Zusammenarbeit zu reduzieren oder einzustellen.