Pro-palästinensische Proteste Wie die Wassermelone zum politischen Symbol wurde
Immer wieder tauchen bei pro-palästinensischen Demonstrationen Schilder mit Wassermelonen auf. Auch auf Social Media verbreiten sich Bilder und Emojis der Frucht, die im Laufe der Zeit zum Symbol des politischen Protests wurde.
Bei pro-palästinensischen Protesten in Berlin war sie zu sehen, auch in Düsseldorf ragte ein großes Schild mit einer aufgemalten Wassermelone aus der Menge. Was hat die Frucht mit Palästina zu tun? Die Melone wächst in der Region und ist eine beliebte Zutat in der palästinensischen Küche. Doch ihre Bedeutung geht darüber hinaus, sie ist inzwischen politisch. Denn die Farben der Wassermelone - rotes Fruchtfleisch, grün-weiße Schale und schwarze Kerne - finden sich auch auf der palästinensischen Flagge.
Aufgeschnittene Wassermelonen als Ersatz für die Flagge
Nach dem Sechstagekrieg 1967, als Israel das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem besetzte, verbot die Regierung die Verwendung der palästinensischen Flagge in den besetzten Gebieten. Auch auf Postern und alten Fotos durfte sie nicht zu sehen sein.
Um dieses Verbot zu umgehen, trugen Palästinenserinnen und Palästinenser aufgeschnittene Wassermelonen oder zeigten Bilder der Frucht. Auch in der Kunst wurde die Melone vermehrt als Zeichen der Solidarität und des Protests verwendet.
Israel hob das Flaggen-Verbot im Rahmen des Osloer Friedenprozesses auf, als Israel und die Palästinenser sich auf eine friedliche Koexistenz und gegenseitige Anerkennung einigten. Die Flagge wurde als Symbol für die Palästinensische Autonomiebehörde akzeptiert, die den Gazastreifen und das Westjordanland verwalten sollte.
Das Wassermelonen-Symbol blieb - und verbreitete sich
Doch die Wassermelone als Protest-Symbol blieb und breitete sich weiter aus: auf Plakaten, in Kunstwerken, auf Graffiti, T-Shirts und - Jahrzehnte später - auch auf Social Media.
Während des Israel-Gaza-Konflikts im Mai 2021 wurde Instagram und Twitter (heute X) vorgeworfen, Beiträge mit pro-palästinensischen Inhalten absichtlich zu entfernen. Die Betreiber der Social-Media-Kanäle wiesen die Diskriminierungsvorwürfe von sich und nannten technische Probleme als Grund.
Auch Amal, eine in Israel lebende Palästinenserin, berichtet im Gespräch mit tagesschau.de von Online-Zensur: "Die Plattform löschte alles, was mit palästinensischen Symbolen zu tun hatte - wir verwendeten stattdessen das Wassermelonen-Emoji." Amal ist Teil von "Zazim", einem jüdisch-arabischen Netzwerk in Israel, das sich für Demokratie und Gleichberechtigung einsetzt.
Wassermelonen auf Taxis in Tel Aviv
Im Januar dieses Jahres wies der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, die Polizei an, palästinensische Flaggen in der Öffentlichkeit abzuhängen. Die Flagge sei eine "Identifizierung mit Terrorismus", so Ben-Gvir.
Als Reaktion auf das Quasi-Verbot startete das "Zazim"-Netzwerk eine Kampagne. Auf 16 Taxis in Tel Aviv wurden Bilder von Wassermelonen mit dem Text "Dies ist keine palästinensische Flagge" angebracht. Die Kampagne sei ein Erfolg gewesen, sagt Amal. Durch die vielen Spenden der Mitglieder fuhren die Wassermelonen-Banner zwei Wochen statt wie geplant nur eine durch die Stadt.
Ein Transparent mit einer Wassermelone und der Aufschrift "Dies ist keine palästinensische Flagge" bei Protesten gegen die geplante Justizreform in Tel Aviv.
Auch bei den Massenprotesten gegen die geplante Justizreform in Israel sei die Melone auf Schildern, Fahnen und Aufklebern verwendet worden, sagt Amal.
Im aktuellen Nahost-Krieg gibt es erneut Berichte über Zensur von pro-palästinensischen Inhalten auf Social Media. Der "Guardian" berichtet etwa von Nutzerinnen und Nutzern, deren Reichweiten bei entsprechenden Beiträgen zurückgingen oder deren Namen nicht mehr auffindbar waren. Der Instagram-Mutterkonzern Meta streitet das ab. Das Melonen-Emoji verbreitet sich unterdessen immer weiter.
Die Wassermelone als Symbol habe nichts Antisemitisches an sich, betont Amal. "Nicht jeder, der sich mit den Palästinensern oder den Bewohnern des Gazastreifens aufgrund der aktuellen Situation solidarisch zeigt oder die palästinensische Flagge oder ein anderes Symbol verwendet, ist per se antisemitisch", sagt sie.