USA und Russland Gegenseitige Vorwürfe nach Drohnen-Absturz
Nach dem Absturz einer US-Drohne über dem Schwarzen Meer gibt Washington Russland die Schuld. Moskau weist die Vorwürfe zurück und spricht von "Provokation". Beide Seiten betonten zugleich, keine Konfrontation zu wollen.
Die US-Angaben zu dem Vorfall im Schwarzen Meer unterscheiden sich wesentlich von der russischen Darstellung. Moskau betont, die US-Drohne sei von den russischen Jets weder beschossen noch auf andere Weise angegriffen worden. Es sei zu keinem Kontakt gekommen, vielmehr sei die Drohne nach einem scharfen eigenen Manöver ins Meer gestürzt.
In Washington betonte Pentagon-Sprecher Pat Ryder dagegen: "Einer der russischen SU-27-Jets berührte den Propeller der MQ-9-Drohne. Die US-Streitkräfte mussten die Drohne daraufhin über internationalen Gewässern zum Absturz bringen. Vor der Kollision haben die russischen Jets mehrfach Treibstoff auf die Drohne abgelassen und sind in rücksichtsloser und unprofessioneller Weise vor der Drohne hergeflogen."
Drohne "voller sensibler Aufklärungstechnik"
Nach Einschätzung des früheren Oberkommandierenden der NATO-Streitkräfte in Europa, Wesley Clark, werden die USA versuchen, die abgestürzte Drohne aus dem Schwarzen Meer zu bergen, bevor dies möglicherweise die russische Seite tut: "Wir gehen mit größter Vorsicht mit diesen Drohnen um", so Clark im Fernsehsender CNN. "Wir haben diese Drohnen bisher auch nicht den Ukrainern zur Verfügung gestellt, weil sie voller sensibler Aufklärungstechnik sind. Möglicherweise konnten wir die gespeicherten Daten in diesem Fall durch Fernsteuerung löschen. Ich hoffe, dass wir das getan haben", so Clark weiter.
Die US-Drohnen vom Typ MQ-9 sind unbemannte Flugzeuge von etwa zehn Metern Länge und 20 Metern Spannweite. Sie dienen in erster Linie zur Aufklärung, können aber auch mit Raketen bestückt werden.
Russischer Botschafter spricht von "Provokation"
Die US-Regierung hat den russischen Botschafter Anatoli Antonow ins US-Außenministerium einbestellt. In einer von der russischen Botschaft in Washington veröffentlichten schriftlichen Erklärung warf Antonow den USA vor, Geheimdienstinformationen für die Ukraine zu sammeln, damit diese russische Streitkräfte und russisches Territorium angreifen könne. Antonow nannte den Drohnen-Vorfall eine "Provokation" und forderte die USA auf, ihre Einsätze in der Nähe der russischen Grenze einzustellen. Gleichzeitig betonte der Botschafter, die russische Seite suche keine Konfrontation mit den USA.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, wies die bisherige Darstellung Russlands zu dem Drohnenabsturz zurück und warnte Moskau seinerseits vor einer Eskalation. Die USA hätten das Recht, über internationalen Gewässern Aufklärungsflüge durchzuführen, betonte Kirby. Washington erwägt nach Kirbys Worten, Bildmaterial von der Kollision der US-Drohne mit einem der russischen Jets zu veröffentlichen, um die amerikanische Darstellung des Vorfalls zu belegen.
Kirby: "Gesprächkanäle offen halten"
Im CNN-Interview betonte Kirby gleichzeitig, Washington suche weiter den Dialog mit Moskau: "Darum wollen wir die Gesprächskanäle offen halten. Damit wir uns weiterhin sehr direkt und offen austauschen können, was unsere Bedenken sind."
Somit verfolgen beide Seiten bislang die Linie: scharfe Rhetorik, aber kein Interesse an einer tatsächlichen, gar militärischen Eskalation.