Stellungskrieg in Bachmut Kämpfe um jeden Meter
In der Stadt Bachmut verteidigen die ukrainischen Soldaten jeden Meter gegen die russischen Truppen. Die erbitterten Kämpfe verlagern sich dabei offenbar immer mehr ins Stadtzentrum - und finden vermehrt auch online statt.
An der Front in der Ostukraine bleibt die Stadt Bachmut heftig umkämpft. Die Lage in der Umgebung sei nach wie vor schwierig, sagte der Kommandeur der ukrainischen Bodentruppen, Generaloberst Oleksandr Syrskyj. Die Söldner der russischen Wagner-Gruppe rückten aus mehreren Richtungen vor und versuchten, die Verteidigungslinien zu durchbrechen und ins Zentrum vorzudringen.
Die ukrainischen Einheiten fügten nach eigenen Angaben dem Gegner in Bachmut mit Artillerie und Panzern "spürbare Verluste" zu. "Die Verteidigung der Festung hält an", sagte Generaloberst Syrskyj. Ukrainischen Militärbeobachtern zufolge haben die russischen Einheiten vor allem nördlich und nordöstlich von Bachmut Boden gutgemacht.
"Es ist eine extrem schwierige Lage im Osten - und eine sehr schmerzhafte", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Die Kämpfe in Bachmut, Bilohorivka, Marinka, Awdijiwka und Wuhledar seien entscheidend. "Dort wird für die Zukunft aller Ukrainerinnen und Ukrainer gekämpft", betonte Selenskyj.
Auf russischer Seite wird zunehmend ein ukrainischer Gegenstoß zur Entlastung von Bachmut im Donezker Gebiet erwartet. Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte das in einer Videobotschaft als Bedrohungsszenario für seine Einheiten erwähnt.
Russischen Berichten zufolge wurden dazu mehrere ukrainische Brigaden zusammengezogen. Bisher erlaubt der Schlamm jedoch keine schnellen Vorstöße abseits von befestigten Straßen. Und auch der Nachschub bei der Munition stellt beide Kriegsparteien vor Probleme.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Möglicherweise Mangel an Rekruten bei Wagner-Truppe
Bei der Söldnergruppe Wagner kommt laut Einschätzung des Verteidigungsministeriums in London ein Mangel an Rekruten hinzu. Die Führung in Moskau habe Wagner-Chef Prigoschin die Möglichkeit genommen, Söldner in Gefängnissen anzuwerben.
Die Hälfte der eingesetzten Gefangenen sei Opfer der schweren Kämpfe geworden. "Dauert das Verbot an, wird Prigoschin wahrscheinlich gezwungen sein, Umfang oder Intensität der Wagner-Einsätze in der Ukraine zu reduzieren", heißt es in der Einschätzung aus London.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.
Erneut Tote bei Gefechten
Auch in anderen Teilen der Ukraine gab es Gefechte, bei denen innerhalb eines Tages vier Zivilisten getötet und elf verletzt wurden, wie das Präsidentenbüro mitteilte. Zwei Menschen kamen den Angaben zufolge in der Region Mykolajiw im Süden ums Leben, als die russischen Streitkräfte das Dorf Kuzurub beschossen. Drei weitere Menschen, darunter ein sieben Jahre altes Kind, wurden verwundet.
Ein Zivilist wurde in Awdijiwka in der Region Donezk getötet, wo das Gebäude einer Schule zerstört wurde. Eine weitere Person kam durch den Beschuss von Snob-Nowhorodske in der Region Sumy im Norden ums Leben. Dabei wurden auch vier Anwohner verletzt.
Russische Vertreter warfen den ukrainischen Truppen vor, die Stadt Wolnowacha im von Russland kontrollierten Teil der Region Donezk beschossen zu haben. Dadurch seien am Montag zwei Zivilisten getötet und zwei weitere verletzt worden.
Schlacht wird in den Sozialen Medien fortgesetzt
Mit dem anhaltenden Ansturm russischer Truppen auf Bachmut geht ein Kampf um die Deutungshoheit über das Schlachtgeschehen einher. Dieser wird nach Angaben aus Kiew längst auch in den sozialen Medien ausgetragen: Das ukrainische Zentrum für Strategische Kommunikation teilte mit, Russland verbreite über anonyme Kanäle Anzeigen auf Facebook über angebliche Erfolge russischer Truppen. Unter anderem werde behauptet, dass die Schlacht um Bachmut "aus ukrainischer Sicht verloren" sei und "der Westen nicht an die Ukraine" glaube.
Ebenso werde gestreut, dass die USA ihre Waffenlieferungen reduzierten, weil "ukrainische Behörden beim Diebstahl erwischt" worden seien. "Die Besatzer wollen das Vertrauen der ukrainischen Gesellschaft in die Regierung untergraben, indem sie behaupten, die Schlacht um Bachmut sei verloren und unsere Verbündeten hätten uns uns selbst überlassen", schrieb die Kommunikationsbehörde. Schließlich sei genau das Gegenteil der Fall.
Allerdings lassen sich im Krieg sowohl die Darstellungen der russischen als auch der ukrainischen Seite häufig nicht unabhängig überprüfen. Nutzer sozialer Medien in der Ukraine wurden von der Behörde auf Wege hingewiesen, wie derartige Falschbehauptungen zu erkennen seien. "Gefälschte Nachrichten werden über neu erstellte Seiten verbreitet, die keine Beschreibung und keinen Inhalt haben und in der Regel neutrale Namen tragen", heißt es unter anderem.