Reaktionen auf Strache-Video Von Distanzierung bis Nibelungentreue
Trotz des Strache-Videos: Die AfD steht fest an der Seite der FPÖ. Und die "Identitären" wollen den Ex-FPÖ-Chef sogar noch ins EU-Parlament hieven. Ehemalige Strache-Verbündete gehen hingegen auf Distanz.
Die AfD-Spitze hält trotz des Skandals um den zurückgetretenen Vizekanzler Heinz-Christian Strache zu ihren Partnern in Österreich. "Die FPÖ ist unsere Schwesterpartei und sie wird es bleiben", sagte AfD-Chef Jörg Meuthen beim Abschluss des Europawahlkampfs im sächsischen Görlitz. Meuthen sprach zwar von einem "sehr schweren Fehler", die Beteiligten hätten das aber sofort verstanden und umgehend Konsequenzen gezogen.
Ganz ähnlich äußerte sich der Co-Vorsitzende Alexander Gauland: Er betrachtet das Skandalvideo als "kriminelle Machenschaft" und kritisierte die Veröffentlichung des heimlichen Mitschnitts. "Ich kann doch nicht das Fehlverhalten eines Menschen der Partei anlasten", sagte Gauland in der ZDF-Sendung "maybrit illner".
Strache war am Samstag zurückgetreten, nachdem ein heimlich aufgenommenes Video mit ihm aus dem Jahr 2017 veröffentlicht worden war. Es zeigt, wie der FPÖ-Politiker einer vermeintlichen russischen Oligarchin auf Ibiza unter anderem öffentliche Aufträge in Aussicht stellte, wenn sie seiner Partei zum Wahlerfolg verhelfe.
Kampagne für Strache
In Österreich erfährt Strache trotz des Videos Rückhalt aus dem rechtsradikalen Lager. Der "Identitären"-Aktivist Martin Sellner rief auf Twitter dazu auf, den auf Platz 42 der FPÖ-Europawahlliste stehenden Strache durch die Vorzugsstimme nach vorne zu wählen. Durch diese Stimme können Wähler in Österreich aufgestellte Kandidaten gezielt auswählen.
Strache steht trotz seines Rücktritts als Vizekanzler und FPÖ-Chef weiterhin auf der Liste der FPÖ-Kandidaten für die Europawahl.
Bekommt Strache genügend Vorzugsstimmen - die gesetzliche Hürde liegt bei fünf Prozent der Stimmen, die auf eine Partei entfallen - könnte er ein Mandat für das Europaparlament ergattern. Ob er dies allerdings annehmen würde, ist offen. Strache hatte sich nach der Veröffentlichung des Videos von der Nationalratswahlliste aus dem Jahr 2017 streichen lassen, berichtet die "Kleine Zeitung". Damit verliere er auch das Rückkehrrecht in das Parlament und den damit verbundenen Anspruch auf eine etwaige Gehaltsfortzahlung.
Eine Annullierung von der Wahlliste für die EU-Wahl sei aber nicht mehr möglich gewesen, erläuterte Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium in Wien, auf APA-Anfrage. Dies könne Strache erst wieder am 12. Juni nach der Feststellung durch die Bundeswahlbehörde veranlassen. "Bis dahin sind die Wahllisten in Stein gemeißelt", so Stein.
Orban geht auf Distanz
Während AfD und "Identitäre" den Skandal um Straches Äußerungen in dem Video zu einer privaten Verfehlung erklären wollen, ging Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban auf Distanz zu seinem bisheringen Verbündeten. "Das, was Strache gesagt hat, ist inakzeptabel", sagte Orban der "Bild"-Zeitung. "Das Wichtigste für einen Politiker ist das Vertrauen der Menschen. Strache war ein Kämpfer in eigener Sache, aber er hat das Vertrauen der Menschen verloren."
Generell wolle er sich aber nicht in die österreichische Innenpolitik einmischen, "das müssen die österreichischen Wähler entscheiden".
"Das erste Opfer von Strache"
Die Chefin der französischen Partei Rassemblement National (RN/früher Front National), Marine Le Pen, vermied nach Angaben des ZDF-Journalisten Thomas Walde ebenfalls einen Treueschwur zu Strache. Die FPÖ sei das erste Opfer Straches, habe Le Pen gesagt, berichtet Walde auf Twitter.
Die französischen Rechtspopulisten sorgen sich offenkundig vor den Auswirkungen auf die anstehende Europawahl durch den Skandal. "Die seltsame österreichische Affäre ist für Frankreich bedeutungslos", behaupten EU-Kandidaten des "Rassemblement national" (RN).
Le Pen betonte zudem, ihre Partei halte sich "strikt" an die Regeln zur Parteienfinanzierung. Le Pen und weitere RN-Mitglieder sind allerdings selbst Gegenstand von Ermittlungen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Auch die AfD steht wegen diverser dubioser Wahlkampfspenden unter Druck.
Strache erstattet Anzeige
Österreichs zurückgetretener Vizekanzler erstattete nach eigenen Angaben mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft Wien Anzeige gegen drei mutmaßliche Drahtzieher des "Ibiza-Videos". Sie seien "mögliche Mittäter" bei der Erstellung der Aufnahmen, sagte Strache in einem Video.
Der ehemalige FPÖ-Chef nannte keine Namen und sagte auch nicht, auf welche Straftaten sich die Anzeigen beziehen.