Satellit SWOT gestartet Wie viel Wasser hat die Welt?
Etwa zwei Drittel der Erde sind von Wasser bedeckt. Fast alles ist Salzwasser - doch über Süßwasser gibt es kaum Daten. Der Satellit SWOT soll mit moderner Radartechnologie klären, wie viel Wasser es wo gibt.
"Ein altes Sprichwort sagt: 'Sie können nicht beherrschen, was Sie nicht messen können.' Deswegen müssen wir diese kostbare Ressource messen!" Mit dieser vor sich hin plätschernden "kostbaren Ressource" meint Cédric David vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-Raumfahrtbehörde NASA schlicht - Wasser: Wasser in Flüssen, Wasser in Seen, Wasser in den Ozeanen.
Auch Süßwasser wird erfasst
"Normalerweise bestimmen wir Wassermengen so", erklärt er weiter: "Sie stecken einen Stock oder ein Lineal ins Wasser und messen, wie hoch das Wasser steht. Ergänzen Sie diese Messung um die Beschaffenheit des Wasserbeckens, können Sie bestimmen, wieviel Wasser vorhanden ist und vielleicht sogar wie schnell es fließt."
Das müsste doch heutzutage schneller gehen, dachten sich die Forscher - am besten gleich aus dem All. Hier kommt SWOT ins Spiel, eine Abkürzung für Surface Water and Ocean Topography Mission. Dies ist der erste Satellit, der nicht nur Ozeane vermisst, sondern auch Flüsse, Seen, kurz: flüssiges Wasser weltweit. "Damit werden wir keine Wasservorkommen mehr übersehen", hofft Chris Aceves, der Chefingenieur für die Mission beim JPL in Pasadena, Kalifornien.
Alle drei Wochen alle Wasservorkommen vermessen
"Wir", das sind die Wissenschaftler auf dem Boden. SWOT sei ganz schön groß, ergänzt Aceves. "Stellen Sie sich den Satelliten vor wie einen Schulbus - das entspricht ungefähr seinen Ausmaßen." Zusammen mit den seitlichen Sonnensegeln erreicht er die Größe eines Boeing-737-Mittelstreckenflugzeugs. Sein Gewicht liegt bei etwa zwei Tonnen. Diese Masse wird eine Falcon-9-Trägerrakete der kalifornischen Raumfahrtfirma SpaceX etwa 850 Kilometer hoch auf eine Erdumlaufbahn schießen. Von dort soll der Satellit dann alle 21 Tage ein komplettes Bild aller Wasservorkommen auf dem blauen Planeten erstellen, und das mindestens drei Jahre lang.
Diese Messungen sollen kein Selbstzweck sein. Denn beim Thema Wasser bekommen Astrobiologen stets feuchte Augen. "Wasser ist für das Leben unentbehrlich", betont David. "Wenn die NASA nach Leben auf anderen Welten sucht, ist einer der ersten Anhaltspunkte immer das mögliche Vorhandensein von Wasser." Es gilt die Gleichung: kein Leben ohne flüssiges Wasser. Dafür ist die Erde das beste Beispiel.
Nur Bruchteil ist Süßwasser
Aber nicht einmal auf ihrem Heimatplaneten wissen Forscher, wie viel Wasser es dort genau gibt und wie es verteilt ist. Sie schätzen, dass insgesamt zwischen ein und zwei Trilliarden Liter Wasser auf der Erde vorhanden sind. Fast alles davon - bis auf zwei, drei Prozent - ist Salzwasser.
Das hätten die Wissenschaftler gerne genauer gewusst. SWOT soll all das Wasser auf der Erde vermessen, das aus dem All sichtbar ist. Geologen bekommen so erstmals Angaben über die Menge der Wasservorkommen. Und sie werden verstehen können, welchen Effekt Wetter und Klima auf die Ozeane, auf Flüsse und Seen haben.
Radarstrahlen aus dem All
Die Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen, kanadischen, britischen und französischen Weltraumagenturen. Sie soll mehr können als bisherige Radarmessungen von Brücken oder das mittelalterliche Stock-ins-Wasser-Stecken: Auf dem Satelliten befindet sich ein Radar, das seine Strahlen hinunter schickt auf die Wasseroberfläche. Es arbeitet in einem Frequenzbereich, der klar darüber Auskunft gibt, ob die Radarstrahlen auf Wasser treffen oder auf eine andere Oberfläche.
Die Zeit, die zwischen dem Aussenden und dem Empfang des reflektierten Signals vergeht, wird den Forschern verraten, wie hoch der Wasserpegel an einem bestimmten Ort ist. "Kombinieren wir diese Informationen mit unseren Daten über die Breite eines Flusses und sein Strömungsverhalten, können wir ganz gut abschätzen, wie schnell und wie viel Wasser dort fließt", so David.
SWOT misst ohne Pause
Und weil es eben Radarstrahlen sind, die SWOT hinunter auf die Erde sendet, der Satellit also keine optischen Aufnahmen macht, sind seinen Messungen keine Grenzen gesetzt. Zwar sind etwa 70 Prozent der Erde mit Wolken bedeckt. Und die Hälfte des Planeten liegt im Dunkeln. Doch Radarstrahlen scheren sich nicht darum, ob gerade Tag oder Nacht ist oder Wolken die Sicht versperren. Sie gehen einfach hindurch und können jederzeit das gewünschte Areal vermessen. Das Gebiet, das der Satellit aus dem All beobachten wird, macht fast 100 Prozent der Erdoberfläche aus.
Während seiner Betriebszeit wollen die Wissenschaftler auch auf mögliche Veränderungen in den Messergebnissen achten, ob also Wassermengen irgendwo ab- oder zugenommen haben, ob Seen ausgetrocknet sind oder wie sich Küstenlandschaften verändert haben. Das alles soll der Blick aus dem All protokollieren.