ESA-Projekt zur Wettervorhersage Mit dem Laser auf Windjagd
16 Jahre hat die ESA die Mission vorbereitet, nun ist "Aeolus" ins All gestartet: Der Satellit soll den Wind vermessen und die Wettervorhersage verbessern. Doch bis kurz vor dem Start herrschte große Anspannung.
Es ist der Wind, der ihm Sorgen macht. Einmal musste der Start bereits verschoben werden. Paolo Ferri hat die Wettervorhersage für Kourou im Blick: "Ausgerechnet der Wind! Welch eine Ironie." Der Wettersatellit "Aeolus" soll zukünftig den Wind beobachten.
Jahre der Planung, monatelanges Training, nun steht die "Vega"-Rakete bereit. "Aber ob der Wind uns starten lässt, wissen wir wohl erst 20 Minuten vor dem Liftoff", sagt der Chef des Mission Operations Department der europäischen Weltraumagentur ESA in Darmstadt.
Voraussage könnte stark verbessert werden
Alexander Cress drückt die Daumen, dass die Rakete abheben kann. Er ist Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach und sagt: "Das wäre ein Riesenschritt. Wir erhoffen uns sehr viel davon. Es gibt schon viele Satelliten, die Temperatur und Feuchte messen - aber bisher keinen, der den Wind wirklich im Blick hat. Dabei ist der Wind eigentlich viel wichtiger für die Vorhersage." Wenn "Aeolus" so gute Daten liefere wie erwartet, dann könne sich vor allem die Drei- bis Fünf-Tages-Voraussage stark verbessern.
Bei Wettervoraussagen für Europa hake es nämlich teils daran, dass die Wissenschaftler Windbewegungen über den Meeren nicht mitbekommen. "Das hat aber Folgen für das Wetter hier", sagt Cress und nennt ein Beispiel: Eine kleine Störung über dem Ostpazifik sei vor einigen Jahren in Richtung Europa gezogen und habe sich ausgewachsen zu einem kräftigen Sturm. "Das haben wir hier unterschätzt, weil wir das nicht richtig mitbekommen haben. Wir konnten es nicht gut voraussagen", so Cress.
Der ESA-Satellit "Aeolus" wird von Ingenieuren inspiziert. "Aeolus" soll erstmals Windprofile von der ganzen Erde erstellen und so völlig neue Erkenntnisse für die Wettervorhersagen bringen.
"Aeolus" ist der Gott des Windes
"Aeolus" soll das ändern. Benannt nach dem griechischen Gott des Windes, muss der Satellit dazu aber erstmal in den Himmel. Darauf hat sich das Team um Ferri monatelang vorbereitet. "Aeolus" wird ungewöhnlich niedrig fliegen, in 320 Kilometer Höhe. "Das bedeutet für uns mehr Arbeit," sagt Ferri, denn dort bremse die Reibung der Atmosphäre den Satelliten ab: "Ohne regelmäßige Korrekturen würde "Aeolus" schnell abstürzen und verglühen."
Das sei aufwändig, habe aber auch Vorteile: "In dieser niedrigen Höhe ist es sauberer, denn die Reibung durch die Atmosphäre putzt den Weltraum von Schrott." Und schon kleinste Teilchen könnten für den Satelliten tödlich sein - wegen der hohen Geschwindigkeiten: Weltraumschrott sei typischerweise mit zehn Kilometern pro Sekunde unterwegs.
Lasersystem ist sehr empfindlich
Der Satellit ist sehr empfindlich, insbesondere das Lasersystem. Dieses im Weltraum zu betreiben, ist kompliziert, deswegen gibt es bisher keine Windbeobachtungssatelliten dieser Art. "Wind wird bisher nur an Erdstationen gemessen oder durch Wetterballone, jetzt können wir das auch aus dem Weltraum tun", erklärt Rune Floberghagen, der "Aeolus"-Missionsmanager: "Die von uns verwendete Technik ist zwar extrem leistungsfähig, aber eben auch noch nie geflogen, es ist eine echte Herausforderung."
"Aladin" heißt das Gerät an Bord. Es besteht aus einem Laser, einem Spiegelteleskop und einem Empfänger. Der Laser sendet Lichtimpulse auf die Erde. Diese werden reflektiert, beispielsweise von Wassertröpfchen und Staub in der Luft. Nun wird gemessen, was wann zurückkommt. Aus den Laufzeiten der reflektierten Strahlung wollen die Wissenschaftler errechnen, wie die Strömungs- und Windverhältnisse in unterschiedlichen Luftschichten aussehen. Sie hoffen, genauere Windgeschwindigsprofile erstellen zu können als je zuvor.
Messtechnik soll mit "Aeolus" getestet werden
Die Erde mit einem Laser zu beschießen und zu messen, was von den Strahlen wann zurückkommt - das klingt nach Science Fiction, sei aber ungefährlich, sagt Floberghagen: "Von den Strahlen kommt auf der Erdoberfläche kaum mehr etwas an. Das ist ganz harmlos, sonst würden wir es nicht machen."
Die Europäische Weltraumagentur ESA will unsere Wettervorhersage besser machen. Dafür hat sie den Satelliten "Aeolus" ins All geschickt. Er soll die Winde der Erde genauer vermessen als jemals zuvor.
Die Messtechnik zu testen, das ist das eigentliche Ziel der Mission. Denn "Aeolus" kreist so schnell um die Erde, dass er allein nicht dazu ausreichen wird, den Wind weltweit zu beobachten. Dazu bräuchte es ein ganzes Netzwerk ähnlicher Satelliten. "'Aeolus' soll vor allem die Technik demonstrieren", so Floberghagen. "Aber wenn er funktioniert, ist das hoffentlich ein Anreiz und dieser Satellit nur der erste von vielen seiner Art."
Mission ist auf drei Jahre angelegt
Alexander Cress setzt darauf, dass das Ergebnis so gut wird wie erwartet. Erstmal müsse "Aeolus" kalibriert werden und sich beweisen. Aber schon in einem halben Jahr könnten die Daten in die Wettervorhersage einfließen und diese dann verbessern. Lange Zeit wird "Aeolus" allerdings nicht um die Erde kreisen: Dem Satelliten wird schnell der Treibstoff ausgehen, weil die niedrige Umlaufbahn viele Kurskorrekturen erfordert.
Die Mission ist auf drei Jahre angelegt, Paolo Ferri hofft auf vier: "Unsere Satelliten leben halt nicht unendlich, daran sind wir natürlich gewöhnt. Aber das ist schon immer schlimm und hart für jeden, wenn die letzten Daten kommen."
Es sei gut möglich, dass der Start nochmal verschoben werden müsse, so Ferri. Dann werden sie eben morgen wieder alles für einen Start vorbereiten. Solange, bis die Wetterbedingungen stimmen und der Wind mitspielt. Vielleicht aber kommen "Aeolus" und der Wind von jetzt an gut miteinander aus.