Der Start der Ariane 5 Rakete
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Letzter Flug der Ariane 5 Erfolgsgeschichte mit holprigem Start

Stand: 06.07.2023 01:48 Uhr

Die europäische Trägerrakete Ariane 5 ist zum letzten Mal gestartet. An Bord befindet sich der deutsche Satellit "Heinrich Hertz". In ihrer fast 30-jährigen Geschichte hat die Rakete viele bedeutende Missionen geflogen. Ein Rückblick.

Von David Beck und Julia Thomas, SWR

Mit dem 117. Start endete die Ära der europäischen Trägerrakete Ariane 5. In der Nacht hob die Ariane 5 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana das letzte Mal ab. Sie soll zwei Satelliten ins All bringen.

Ein guter Anlass, um auf die Geschichte der Ariane 5 zurückzublicken - eine Geschichte, die nicht sehr erfolgreich begann.

Jungfernflug der Ariane 5 Rakete missglückte

Am 4. Juni 1996 hob die erste Ariane 5 in Kourou zu ihrem Jungfernflug ab. Doch knapp 40 Sekunden nach dem Start explodierte die Rakete über dem Regenwald. Die Ursache: Ein Programmierfehler, der dafür sorgte, dass die Daten fälschlicherweise eine starke Kursänderung der Rakete zeigten. Der Flugcomputer leitete daraufhin ein extremes Korrekturmanöver ein, bei dem zwei Booster von der Seite der Rakete abrissen und die Rakete ihren Selbstzerstörungsmechanismus einleitete.

Auch der zweite Start war nur ein halber Erfolg. Die Oberstufe der Rakete erreichte nicht die volle Leistung und die Satelliten an Bord der Ariane 5 traten in eine zu niedrige Umlaufbahn ein.

Trägerin für viele wissenschaftliche Missionen

Danach allerdings zog die Erfolgsrate steil an. Ab 1998 brachte die Ariane 5 eine Reihe von Satelliten ins All, darunter auch wichtige wissenschaftliche Missionen. Eine davon ist "Rosetta". Bei dieser Mission landete zum ersten Mal eine Sonde auf einem Kometen. Seit 2018 ist die Sonde "BepiColombo" unterwegs zum sonnennächsten Planeten, dem Merkur. Sie soll 2025 dort ankommen und Informationen über die Oberfläche, das Magnetfeld und den Kern des Planeten sammeln.

Letzter Start einer europäischen Ariane-5-Trägerrakete

Anna-Lena Borchert, tagesschau, 06.07.2023 12:00 Uhr

Ende 2021 schickte eine Ariane 5 das James-Webb-Weltraumteleskop auf seine Reise, und zwar so präzise und treibstoffsparend, dass die Missionslaufzeit des Teleskops vermutlich mehr als verdoppelt werden konnte. Und auch "Juice", eine Sonde, die auf den Eismonden des Jupiters unter anderem nach Anzeichen von Leben suchen soll, wurde im April 2023 von einer Ariane 5 sicher ins All gebracht.

Ein deutscher Satellit beim letzten Start

Mit ihrem letzten Start bringt die Ariane 5 die Kommunikationssatelliten "Syracuse 4B" und "Heinrich Hertz" in eine Erdumlaufbahn. "Heinrich Hertz" ist seit zwanzig Jahren der erste Kommunikationssatellit, der komplett in Deutschland entwickelt wurde. Er ist etwa so groß wie ein Kleinbus und soll 15 Jahre im All verbringen.

In dieser Zeit soll "Heinrich Hertz" neue Technologien für die satellitengestützte Kommunikation im All testen. Denn im Orbit herrscht eine hohe Strahlenbelastung und die Temperaturen schwanken zwischen extremen Werten. Etwa 20 Experimente zur Kommunikations-, Antennen- und Satellitentechnik befinden sich an Bord des Satelliten.

Außerdem wird "Heinrich Hertz" als Relaisstation dienen. Er kann Signale von anderen Satelliten weiterleiten und dadurch deren Kontaktzeit zu Bodenstationen länger aufrechterhalten.

Benannt ist der Satellit nach dem deutschen Physiker Heinrich Hertz, der 1886 in Karlsruhe zum ersten Mal elektromagnetische Wellen nachwies und damit der modernen Nachrichtentechnik zum Durchbruch verhalf. Bekannt ist sein Name vor allem durch die nach ihm benannten Einheit "Hertz", in der Frequenzen angegeben werden.

Ein intelligenter Satellit

Das Besondere am "Heinrich-Hertz"-Satelliten ist, dass er sich im Weltall weiterentwickeln kann - man kann ihn sozusagen umprogrammieren. Normalerweise können die Funktionen von Satelliten nicht mehr verändert werden, sobald sie einmal in die Erdumlaufbahn gebracht worden sind. "Heinrich Hertz" kann aber beispielsweise seine Sende- und Empfangsfrequenz verändern, seine Antennen umleiten und damit anpassen, aus welcher Region Daten empfangen und gesendet werden können.

"Mit dieser großen Flexibilität ist es beispielsweise auch möglich, Katastrophenszenarien zu unterstützen, sagt Jens Müller von der TU Ilmenau, der die Telekommunikationskomponente des Satelliten mitentwickelt hat. "Nehmen Sie die Flutkatastrophe vom Ahrtal: Dort hatten wir den Wegfall der Telekommunikationsstruktur als erstes zu beklagen." In solchen Fällen könnten Satelliten wie "Heinrich Hertz", die flexibel einsetzbar sind, helfen, die Kommunikationskanäle schnell wieder aufzubauen.

Ariane 6 ab Ende 2023 einsatzbereit

Mit dem Start von "Heinrich Hertz" endet die Ära der Ariane 5. Ihre Nachfolgerin, die Ariane 6, soll Ende 2023 startklar sein. Die neue Rakete soll nach Einschätzung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) leistungsfähiger, flexibler und kostengünstiger sein als die Vorgängerversion.

Um sowohl weniger schwere als auch viele kleine Satelliten in den Weltraum zu befördern, wurden zwei verschiedene Modelle der Ariane 6 entwickelt: Eines mit zwei und eines mit vier Feststoff-Boostern. Damit soll die neue Trägerrakete bis zu elf Tonnen Nutzlast in den geostationären Orbit transportieren können - doppelt so viel, wie die Ariane 5. Mit der Ariane 6 will die europäische Raumfahrtgemeinschaft ihren unabhängigen Zugang zum All sichern und weiterhin eigene Missionen in den Erdorbit befördern.

Sven Weingärtner, RB, tagesschau, 06.07.2023 05:23 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SWR2 am 05. Juli 2023 um 16:05 Uhr in dem Wissensmagazin SWR2 Impuls.