Corona-Hilfen der EU Ein Fonds, 27 Profiteure?
Die EU-Kommission will im Namen aller 27 Mitglieder Milliardenkredite aufnehmen, um die Corona-Folgen abzumildern. Ein Großteil der Gelder flösse nach Südeuropa. Doch auch Deutschland kann davon profitieren.
Was Corona anrichtet, zusätzlich zu Krankheit und Tod, das lässt sich vor allem in Italien beobachten. Das Land, das schon vor Ausbruch der Pandemie mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, steht ökonomisch quasi am Abgrund.
Vor allem im italienischen Norden, der eigentlichen Wachstumsregion mit viel Industrie, Autoproduzenten und Zulieferern, steht die Produktion seit Monaten mehr oder weniger still. Bestenfalls kommt sie langsam wieder ans Laufen.
Italiens Industrieverband sagt, das koste monatlich 100 Milliarden Euro und unzählige Jobs. Dabei gab es in Italien schon vor Corona zehn Prozent Arbeitslose, so viele wie sonst kaum in Europa. Dazu ist das Land hoch verschuldet und kann sich umfangreiche Rettungspakete kaum leisten.
Tourismus liegt brach
In Spanien, von Corona ebenfalls massiv getroffen, sieht es ähnlich schlimm aus. Beide EU-Staaten leiden dazu noch unter ihrer brachliegenden Tourismusbranche, die normalerweise einen erheblichen Teil zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt.
Aber selbst das bisher ökonomisch vergleichsweise stabile Frankreich sieht einer schweren Rezession entgegen und das wirtschaftlich starke Deutschland auch. Natürlich: Das ist wegen Corona in allen europäischen Ländern so, doch manche trifft es eben schlimmer.
Genau denen will die EU-Kommission mit ihrem 750-Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds jetzt unter die Arme greifen. Die Summe soll aus Krediten kommen, die von der EU-Kommission im Auftrag aller 27 Mitgliedsländer aufgenommen werden. Das gab es in Europa so noch nicht. Der größte Batzen des Geldes, weit über 100 Milliarden, soll tatsächlich nach Italien fließen, der zweitgrößte Betrag geht nach Spanien. Deutschland wird nach den Plänen nur eine vergleichsweise kleine zweistellige Summe bekommen, Frankreich ein bisschen mehr.
Solidarität
Die EU-Kommission sagt: Das ist europäische Solidarität. Aus deutscher Sicht könnte allerdings der Eindruck entstehen: Das ist ungerecht. Tatsächlich aber hat Deutschland ein starkes eigenes Interesse daran, dass Italien, Spanien oder andere EU-Länder wirtschaftlich nicht über die Klinge springen - und ist dafür offenbar bereit, sich stärker an der EU-Finanzierung zu beteiligen.
Fakt ist: Deutsche Exportunternehmen brauchen dort die Absatzmärkte. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft erinnert daran, dass Italien ökonomisch für Deutschland in vielen Bereichen eine ebenso große Bedeutung hat wie China. Die gegenseitige Abhängigkeit zeigt sich auch in der Tourismuswirtschaft. Südeuropa braucht die Urlauber aus Deutschland, genauso brauchen deutsche Reiseveranstalter aber stabile Bedingungen in den Reiseländern, um ihre Produkte überhaupt anbieten zu können.
Eingebettet in den neuen Haushalt
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte heute in Brüssel: Dies sei der Moment für Europa. Der entscheidende Moment. Die EU-Kommission will ihren Wiederaufbaufonds einbetten in den künftigen Sieben-Jahres-Haushalt der EU unter der Überschrift: "Next Generation Europe". Da sollen Investitionen in den Mittelpunkt gestellt werden, die sich auf Klimaschutz, Digitalisierung, Forschung und Bildung konzentrieren.
Im Idealfall also fließt nach den Vorstellungen der Kommission vieles von dem Geld, das die besonders notleidenden Staaten jetzt bekommen sollen, zurück in zukunftsträchtige Investitionen, in Universitäten, europäische Austauschprogramme, den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft zur Klimaneutralität.
Ob es das Geld aus dem Fonds allerdings wirklich nur für solche Dinge geben wird - quasi als Bedingung - darüber werden in den nächsten Wochen die EU-Mitgliedsstaaten verhandeln müssen. Aus den Niederlanden hieß es heute: Da bleibe noch einiges an Arbeit zu tun. Es könnten lange Verhandlungen werden.