Idee von Merkel und Macron Wiederaufbau-Plan sorgt für Streit
Im Kampf gegen die Corona-Krise soll die EU 500 Milliarden Euro gemeinsame Schulden machen. Dieser Plan von Merkel und Macron stößt im Norden auf Widerstand, im Süden auf Zustimmung.
500 Milliarden Euro als Finanzhilfe soll die EU zum wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona-Krise zusätzlich zur Verfügung stellen. Das sieht der Plan von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vor.
Vor allem die südlichen EU-Staaten begrüßen die Initiative, nördliche EU-Länder lehnen EU-Schulden ab, die als nicht rückzahlbare Finanzhilfen an betroffene Staaten weitergereicht werden. Weil der Plan von allen 27 EU-Staaten einstimmig beschlossen werden muss, droht der neuen Initiative aus Berlin und Paris ein schnelles Aus.
Kurz: Geld nur als Kredit
An der Spitze der Gegner des 500-Milliarden-Euro-Plans steht der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er habe sich mit den Regierungschefs Dänemarks, der Niederlande und Schwedens ausgetauscht, schrieb der konservative Politiker auf Twitter. Ergebnis: "Unsere Position bleibt unverändert", so Kurz bei Twitter. "Wir werden uns weiterhin solidarisch zeigen und Länder, die am stärksten von der Corona-Krise betroffen sind, unterstützen, jedoch muss dies über Kredite erfolgen und nicht über Zuschüsse", ließ Kurz mitteilen.
Auch die FDP lehnt den deutsch-französischen Plan ab, gemeinsame EU-Schulden aufzunehmen: Er sei "sehr skeptisch", dass der Plan Wirklichkeit werde, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionschef Alexander Graf Lambsdorff im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Er zeigte sich überrascht über die "180-Grad-Kehrtwende". Weder in der EU noch in den nationalen Parlamenten herrsche darüber Einigkeit. "Das wird nicht kommen, weil es nicht genug Länder gibt, die das unterstützen und ich halte es auch in der Sache nicht für den richtigen Weg", sagte Lambsdorff. Er sprach von einem "faulen Zauber".
Aus der Unionsfraktion kam Zustimmung: "Wir unterstützen die gemeinsame Initiative von Bundeskanzlerin Merkel und Staatspräsident Macron als starken Beitrag für europäische Solidarität in der Corona-Krise", teilten der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Andreas Jung und der haushaltspolitische Sprecher Eckhardt Rehberg mit. Der gemeinsame deutsch-französische Vorschlag zeige, dass europäischer Beistand auch ohne Corona- oder Eurobonds möglich sei – "und damit ohne Schuldenvergemeinschaftung".
Heute will Merkel in einer Videokonferenz mit den Regierungschefs von Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei für die Hilfspläne werben.
Freude in Rom und Madrid
Wenig Überzeugungsarbeit müssen Merkel und Macron dagegen in Italien leisten. Die italienische Regierung lobte den Plan. Mit der Summe von 500 Milliarden Euro "können wir beginnen, den Recovery Fonds (Wiederaufbau-Fonds) im Rahmen des europäischen Haushalts noch substanzieller zu gestalten", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa Ministerpräsident Giuseppe Conte. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez schrieb auf Twitter von einer "Initiative, die auf einer Linie mit unseren Forderungen ist und bei der wir weiter vorwärtskommen müssen".
Länder wie Frankreich, Italien und Spanien hatten in der Vergangenheit immer wieder EU-Finanzspritzen gefordert, um ihre ohnehin schon große Verschuldung nicht noch weiter zu erhöhen.
Auch von der EU-Kommission kam Zustimmung: "Dies geht in die Richtung des Vorschlags, an dem die Kommission arbeitet", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. EZB-Chefin Christine Lagarde sagte mehreren Zeitungen, die Vorschläge seien "ehrgeizig, gezielt und willkommen". EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem Schritt in die richtige Richtung und forderte Kompromisswillen von allen 27 EU-Staaten.