Flughafen, Autobahnen, Häfen Griechenlands Privatisierungen auf Rekordniveau
Während der Finanzkrise hat Griechenland Hunderte Milliarden Euro an Hilfskrediten bekommen - Geld, das auch durch Privatisierungen zurückgezahlt werden muss. Bei manchen Projekten ist der Staat aber vorsichtig geworden.
Das "Juwel" liegt 30 Kilometer östlich von Griechenlands Hauptstadt: der internationale Flughafen Athen, der wichtigste Airport des Landes. Hochmodern, hochprofitabel, mit rund 28 Millionen Gästen im Jahr. Bisher hat der Staat knapp mehr als die Hälfte der Anteile gehalten. Jetzt trennt er sich von einem großen Teil davon.
Ein Teil der Aktien wird nun an der Athener Börse gehandelt, der andere Teil geht an die AviAlliance mit Sitz in Düsseldorf, die bisher schon 40 Prozent am Flughafen gehalten hat und nun auf die Hälfte aufstockt. Insgesamt erhofft sich der griechische Staat einen Erlös von mehr als einer Milliarde Euro. Es ist der größte Börsengang im Land seit der Schuldenkrise vor rund zehn Jahren.
Auch Autobahnen stehen zum Verkauf
Damals hat sich das Land verpflichtet, zu privatisieren und so seine Schulden bei internationalen Geldgebern zu begleichen. Ein Beispiel: Die Fraport AG übernahm vor acht Jahren den Betrieb von 14 Regionalflughäfen in Griechenland. Doch in den vergangenen Jahren ist durch die Privatisierungen insgesamt deutlich weniger in die Kassen gekommen als ursprünglich erhofft.
Das soll sich 2024 ändern: Nicht nur der Athener Flughafen wird privatisiert, sondern auch große Teile der Autobahn. Besonders viel soll der Athener Autobahnring einbringen: mehr als drei Milliarden Euro. Den Zuschlag dürfte der Griechische Mischkonzern GEK Terna bekommen. Weitere Privatisierungen betreffen etwa eine mehr als 600 Kilometer lange Autobahn zwischen der Türkei und der Hafenstadt Igoumenitsa im Nordwesten Griechenlands, und den Hafen Lavrio bei Athen.
Privatisierungen tragen Schulden ab
Insgesamt rechnet der griechische Vermögensentwicklungsfonds 2024 mit Einnahmen von mehr als fünf Milliarden Euro. Es wäre ein Rekord. Der Schuldenstand in Griechenland ist mit rund 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zwar EU-weit immer noch der höchste, aber die Tendenz ist deutlich rückläufig.
Neben der wiedererblühenden Wirtschaft und insbesondere des boomenden Tourismus tragen die Privatisierungen ihren Teil dazu bei, dass die Schulden sinken. Das Klima für ausländische Investitionen ist günstig: Ein Teil der großen Ratingagenturen hat Griechenland zuletzt wieder als "investitionswürdig" eingestuft.
Rückzieher bei strategisch wichtigen Häfen
Doch bei manchen Privatisierungen ist Griechenland vorsichtig geworden - vor allem im Norden des Landes. Dort standen bis vor Kurzem auch die Häfen der Städte Kavala und Alexandroupoli zum Verkauf. Dann machte die Regierung im letzten Moment einen Rückzieher. Sie schätzt die Standorte inzwischen als geopolitisch zu wichtig ein: erstens wegen des Ukraine-Krieges und Bedeutung als militärische Stützpunkte; zweitens als Energie-Knotenpunkte für Griechenlands Pläne, zukünftig etwa "grünen" Strom in den Norden Europas zu schicken.
Besonders allergisch hatte man in Athen reagiert, als sich ein Konsortium um den Hafen Alexandropouli bewarb, dem ein russischer Geschäftsmann mit griechischen Wurzeln angehört. Derselbe Geschäftsmann, der seit 2017 bereits im Hafen Thessaloniki den Betrieb mitbestimmt und als Putin-Vertrauter gilt. Das Beispiel zeigt auch: Griechenland muss zwar privatisieren. Aber welche Projekte in private Hand gehen sollen, bleibt eine souveräne Entscheidung des Landes.
Pragmatische Sicht auf Cosco
So auch im Fall des größten und wichtigsten Hafens des Landes, Piräus bei Athen. Bereits 2009 war der chinesische Staatskonzern COSCO dort eingestiegen, noch vor der Finanzkrise. 2016 hatte COSCO dann auf zwei Drittel der Anteile aufgestockt und gibt seitdem den Ton an. Der damalige Ministerpräsident Griechenlands, Alexis Tsipras von der linken Syriza, hatte den Deal unterstützt.
War es im Nachhinein betrachtet ein Fehler, Piräus in chinesische Hände zu geben? Griechische Politiker unterschiedlicher Couleur verweisen darauf, dass der wirtschaftliche Erfolg für China spricht. Unter der Führung aus Fernost ist der Hafen effizient und profitabel geworden und stark gewachsen: Inzwischen ist Piräus der viertgrößte Güterhafen Europas - vorher war er im Vergleich relativ bedeutungslos.
Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat immer wieder darauf verwiesen, dass Chinas Investitionen in Piräus für beide Länder vorteilhaft seien. Eine Abhängigkeit von China sieht Mitsotakis nicht. Wie man reagieren würde, wenn China etwa in Taiwan einmarschiert? Dieses Szenario mag sich lieber keiner ausmalen.
"Regierung opfert Zukunftsaussichten"
Was den Verkauf der staatseigenen Anteile am Athener Flughafen angeht, so sind längst nicht alle zufrieden. Die Regierung opfere die Perspektiven für zukünftige Generationen, nur um unmittelbar einen relativ kleinen Nutzen zu haben, sagt der Parlamentsabgeordnete Pavlos Geroulanos von der sozialdemokratischen PASOK-Partei.
Seiner Ansicht nach wäre dem Staat mehr geholfen, wenn er seine Anteile behalten würde. Gerade jetzt, wo es wieder rund läuft: Noch nie sind so viele Touristen nach Griechenland gekommen wie vergangenes Jahr.