Mögliche ökonomische Folgen Wirtschaft wegen neuer Kontrollen besorgt
Auch wenn die Folgen für den Warenverkehr gering bleiben sollen - vor allem die Logistikbranche blickt mit Sorge auf die Ausweitung der Grenzkontrollen. Wie werden sie sich auf die Lieferketten auswirken?
Von einem "schwarzen Tag" möchte Frank Huster, der Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Spedition und Logistik, nicht sprechen. Aber es ist schon klar: Wenn im EU-Binnenmarkt Grenzkontrollen durchgeführt werden, dann ist das ein negatives Signal. Und auch Volker Treier, der Außenwirtschaftschef der DIHK, der Deutschen Industrie- und Handelskammer, sagt: "Ja, wir sind besorgt."
Denn die Erfahrung zeigt, dass Grenzkontrollen den Güterverkehr beeinträchtigen. Auch Pendler und Dienstleistungserbringer sind betroffen, außerdem die vielen Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomiebetriebe, die nahe der Grenze Gäste bewirten.
Erinnerungen an Pandemiezeiten
Bei manch einem werden ungute Erinnerungen wach - etwa an die Corona-Pandemie, als viele Grenzen nur eingeschränkt passierbar waren. Vor Kontrollstellen gab es damals kilometerlange Lkw-Staus. Zeitweise waren Küchenrollen und Klopapier Mangelware. Lieferungen "just in Time" waren eine große Herausforderung.
"Aber so weit sind wir noch nicht", sagt Verbandschef Huster. Und man dürfe sich die Situation auch nicht so vorstellen, dass von heute auf Morgen alles schlechter werden würde. "Wir haben eine sehr, sehr marode Infrastruktur", so der Logistikexperte. "Es gibt Baustellen. Es gibt Staus, die durch Unfälle verursacht werden. Logistik verläuft nie reibungslos im operativen Geschäft." Nun könnten die Grenzkontrollen zu zusätzlichen Verzögerungen führen. "Aber wir können heute noch nicht absehen, in welchem Umfang das sein wird", so Huster.
DIHK-Außenwirtschaftschef Treier ist skeptischer: "Der Rückgriff auf die lange Phase der Corona-Zeit, wo aus anderen Gründen die Grenzen nur eingeschränkt passierbar waren, hat gezeigt: das kann sich rasch in die Milliardenhöhe beziffern."
Kontrollen "mit Maß und Mittel"?
Die neuen Grenzkontrollen sollen zunächst für ein halbes Jahr gelten. An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz wird bereits kontrolliert - daran ändert sich nichts. Jetzt kommen Frankreich, Dänemark, Belgien, die Niederlande und Luxemburg dazu.
"Sporadische Kontrollen sind vorgesehen, die den Güterverkehr in erster Linie gar nicht betreffen", sagt Huster und verweist darauf, dass es Mittel und Wege gebe, allzu große Staus an den Grenzen zu vermeiden. "Während der Corona-Phase hat die europäische Staatengemeinschaft, angeführt von der Europäischen Kommission, letztendlich eine Green-Lanes-Policy, also eine Vorrangregelung für den Güterverkehr umgesetzt. Das sollte jetzt auch greifen. Und wir sind auch zuversichtlich, dass mit Maß und Mittel kontrolliert wird."
Was, wenn andere Länder nachziehen?
Doch Skepsis bleibt. Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum nur als letztes Mittel erlaubt. Und das auch nur dann, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Das entsprechende Abkommen wurde im Juni 1985 unterzeichnet, also vor fast 40 Jahren.
Was ist, wenn andere Staaten dem Beispiel Deutschlands folgen und ebenfalls Grenzkontrollen einführen? Treier kann sich das lebhaft vorstellen. "Das macht den Austausch der Waren, des Pendelverkehrs, den Auswirkungen auf den Tourismus für uns jedenfalls potenziell so groß und so schwerwiegend, dass wir wirklich besorgt sind."
Die Logistikbranche warnt zudem vor unerwünschten Nebenwirkungen. Sollte es zu flächendeckenden und dauerhaften Kontrollen kommen, sei mit Mehrkosten zu rechnen. Durch die Kontrollen werden die Fahrzeiten länger, und das wiederum habe auch Auswirkungen auf die Lieferketten.