Gewerkschaft der Polizei Zweifel an Umsetzbarkeit von Grenzkontrollen
Von Montag an soll es an allen deutschen Grenzen Kontrollen geben - so will es die Regierung. Doch die Gewerkschaft der Polizei zweifelt weiter an der Umsetzbarkeit: Es gebe schlicht zu wenig Personal.
Zwei Tage vor Inkrafttreten der von der Bundesregierung angeordneten Ausweitung der Grenzkontrollen werden seitens der Polizei erneut Zweifel an der Umsetzbarkeit der verschärften Kontrollen geäußert. Größtes Problem ist vor allem fehlendes Personal. "Die Bundespolizei ist bis Montagfrüh damit beschäftigt, Kräfte zusammenzuziehen", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich der Bundespolizei, Andreas Roßkopf, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Das hänge vor allem damit zusammen, dass die Ankündigung der Ministerin sehr überraschend kam. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine längerfristige Überlastung kommen. Denn die Kontrollen werden ja ein halbes Jahr oder sogar länger dauern", warnte Roßkopf. "Schon jetzt haben wir bei jüngeren Kollegen eine Kündigungsrate von über 25 Prozent", fügte er hinzu.
Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich sagte in einem Interview mit der Rheinischen Post, es zeichne sich bereits ab, dass die geplanten zusätzlichen 1.000 Stellen bei der Bundespolizei nicht ausreichen würden. Das Thema werde in den weiteren Haushaltsberatungen eine Rolle spielen müssen, so Mützenich weiter.
Grenzen zu fünf weiteren Ländern überwachen
Bisher hatte die Bundespolizei wegen der Migrationslage an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz kontrolliert. Zusätzlich betroffen sind nun die Übergänge zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark. Die stationären und mobilen Kontrollen sind zunächst für ein halbes Jahr bis Mitte März vorgesehen, können aber verlängert werden.
Sie sind im Schengen-Raum mit seinen 29 Staaten normalerweise nicht vorgesehen. Nur im Fall "außergewöhnlicher Umstände" kann ein Mitgliedsland laut Schengen-Kodex wieder kontrollieren. Allerdings nur "vorübergehend" und "als letztes Mittel".
Faeser: Sinkende Asylzahlen wegen Kontrollen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verteidigte die Maßnahme indes erneut gegen Kritik. "Unsere Maßnahmen greifen - und wir verstärken sie weiter, um die irreguläre Migration zurückzudrängen", sagte die SPD-Politikerin der Augsburger Allgemeinen. Durch die bereits laufenden Grenzkontrollen seit Oktober 2023 seien mehr als 30.000 Menschen an den deutschen Grenzen zurückgewiesen worden, betonte Faeser. Dies habe dazu beigetragen, dass die Asylzahlen um mehr als ein Fünftel im Vergleich zum vergangenen Jahr gesunken seien.
Allerdings wurden allein rund 6.400 Menschen während der Fußball-EM vom 7. Juni bis zum 19. Juli zurückgewiesen.
Warten auf Umsetzung von EU-Asylsystem
Schärfere Maßnahmen auf nationaler Ebene seien notwendig, bis die Umsetzung des neuen europäischen Asylsystems greife, fügte sie hinzu. Die EU-Asylregeln seien ein entscheidender Schritt, argumentierte Faeser. "Damit werden endlich die Außengrenzen der EU umfassend geschützt und die Verantwortung für Geflüchtete in Europa fairer verteilt", sagte sie. "Künftig können Menschen nicht mehr unregistriert weiterreisen."
Die im Frühjahr beschlossene Reform regelt die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten mit einem Solidaritätsmechanismus neu. Sie sieht außerdem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen für Menschen aus Ländern vor, die als relativ sicher gelten. Bis die Reform wirkt, dauert es aber noch. Die Mitgliedstaaten müssen sie bis spätestens Mai 2026 in nationales Recht umsetzen.
Migrationsforscher warnt vor falschen Erwartungen
Der Migrationsforscher Gerald Knaus sagte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, in vielen europäischen Ländern gebe es schon lange Kontrollen an den Grenzen. Dazu gehöre beispielsweise Österreich. Dort sei die Zahl der Asylanträge aber nicht zurückgegangen, im Gegenteil. Er warne daher vor falschen Erwartungen, betonte der Wissenschaftler.