Stärkung der Menschenrechte EU einigt sich auf Lieferkettengesetz
Das Europaparlament hat sich gemeinsam mit EU-Staaten auf ein Lieferkettengesetz geeinigt. Es soll ermöglichen, dass große Unternehmen, die von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren, zur Rechenschaft gezogen werden können.
Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten haben sich auf ein Lieferkettengesetz geeinigt. Damit sollen künftig große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren, wie aus Mitteilungen des Europaparlaments und der EU-Staaten hervorgeht.
Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen zum Klimawandel vereinbar sind. Unternehmen sind nach den geplanten Regeln den Angaben zufolge für ihre Geschäftskette verantwortlich, also auch für Geschäftspartner des Unternehmens und teilweise auch für nachgelagerte Tätigkeiten wie Vertrieb oder Recycling. Der Finanzsektor soll zunächst von den Vorgaben ausgeschlossen werden.
Große Unternehmen betroffen
Grundsätzlich gelten die neuen Regeln für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz. Firmen, die nicht in der EU sitzen, fallen unter das Gesetz, wenn sie in der EU einen Umsatz von mehr als 300 Millionen Euro machen. Die EU-Kommission soll eine Liste der betroffenen Nicht-EU-Unternehmen veröffentlichen. Die Einigung muss vom Parlament und den EU-Staaten noch bestätigt werden, das ist normalerweise aber reine Formsache.
Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini, sprach zwar von einem guten Tag für die Menschenrechte, sie hätte sich aber noch strengere Regeln für Klima- und Umweltschutz gewünscht. Die Grünen-Politikerin betonte auch, dass das EU-Lieferkettengesetz über das deutsche Gesetz hinausgehe. So müssten in Zukunft mehr Unternehmen über ihre gesamte Lieferkette hinweg Risiken erfassen.
Deutsches Lieferkettengesetz nicht so weitreichend
In Deutschland gibt es bereits ein Lieferkettengesetz. Es gilt bisher für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind davon rund 900 Unternehmen betroffen. Ab 2024 greift es für Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.
Betroffene Firmen müssen auch unter den deutschen Vorgaben unter anderem analysieren, wie groß das Risiko ist, dass sie von Menschenrechtsverstößen wie Zwangsarbeit profitieren. Wenn sie Hinweise auf Verstöße haben, müssen sie Maßnahmen ergreifen, "um diese Verletzung zu verhindern, zu beenden oder das Ausmaß der Verletzung zu minimieren", heißt es im Gesetz.
Kontrolliert werden die Vorgaben vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Es geht auch eingereichten Beschwerden nach. Stellt das Bundesamt Versäumnisse oder Verstöße fest, kann es Bußgelder verhängen. Unternehmen, die sich nicht an die Regeln gehalten haben, können auch von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.
Kritik vor allem von Wirtschaftsvertretern
Das EU-Lieferkettengesetz geht nun noch weiter als die bisherige deutsche Regelung und ist eine sogenannte Richtlinie, die die Bundesregierung noch in nationales Recht umsetzen muss. Der Europarechtsprofessor und SPD-Europaabgeordnete René Repasi wies darauf hin, dass mit dem EU-Gesetz deutsche Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar seien, was bislang im deutschen Lieferkettengesetz ausgeschlossen sei. So könnten Unternehmen zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen und beispielsweise Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.
Unionspolitiker hatten sich ähnlich wie Wirtschaftsvertreter immer wieder kritisch zu dem Lieferkettengesetz der EU geäußert. Sie befürchteten etwa einen zu großen Bürokratieaufwand für Unternehmen und dadurch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Firmen aus Drittstaaten, die nicht von den Regeln betroffen sind.