Vorwürfe gegen BMW-Zulieferer Testfall für das deutsche Lieferkettengesetz
Nach den Vorwürfen gegen einen BMW-Zulieferer fordern Investoren nun schnelles Handeln vom Autobauer. Sie fürchten einen Verstoß gegen das deutsche Lieferkettengesetz.
Nach den schweren Vorwürfen gegen einen Zulieferer des bayerischen Autobauers BMW erhöhen namhafte Investoren den Druck. Unter anderem die Deka Bank, Union Investment und der Arbeitskreis kirchlicher Investoren (AKI) drängen darauf, dass BMW umgehend Wege findet, seine Lieferanten verbindlich zur Wahrung von Menschenrechten und Umweltstandards zu verpflichten.
"Die Vorwürfe sind sehr schwerwiegend", sagt AKI-Geschäftsführerin Antje Schneeweiß. Es gehe um Gefahr von Leib und Leben, und es seien sehr viele Menschen betroffen. In der Mine arbeiten rund 1.000 Menschen. Dazu kommen die Bewohner im Umfeld der Mine, die offenbar einem hohen Maß an Verschmutzungen durch Arsen in Wasser und Luft ausgesetzt sind.
Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" ("SZ") gemeinsam mit dem französischen Medium "Reporterre" und dem marokkanischen Medium "Hawamich" hatten auf massive Menschenrechtsverletzung und Umweltschäden im Umfeld einer Mine in Marokko hingedeutet. Seit 2020 bezieht BMW rund zwanzig Prozent seines Kobalts für E-Autobatterien von diesem Zulieferer.
"Ein bisschen schwach"
Der Minenbetreiber hatte die Vorwürfe auf Anfrage der Medien pauschal dementiert. BMW hatte hingegen angekündigt, den Betreiber zu Messungen der Umweltbelastungen aufzufordern und Gegenmaßnahmen angekündigt, sollten sich die Arsenbelastungen verschiedener Gewässer bestätigten.
Die Ankündigung von BMW, nun Messungen der Umweltbelastung vom Minenbetreiber anzufordern, hält Schneeweiß für "ein bisschen schwach". Sie fordert stattdessen eine unabhängige Untersuchung. BMW solle sich jetzt mit anderen Kunden der Mine zusammentun und dafür sorgen, dass sich die Zustände dort grundlegend ändern, sagte Schneeweiß.
BMW eigentlich Vorreiter
Auch Henrik Pontzen vom Vermögensverwalter Union Investment fordert gegenüber NDR, WDR und "SZ", dass BMW jetzt aktiv wird. "Das ist für die Region und die dort arbeitenden Menschen nicht akzeptabel und entspricht nicht den Vorschriften", sagt Pontzen. Er weist aber auch daraufhin, dass BMW in der Branche als Vorreiter gilt und vergleichsweise intensiv am Aufbau nachhaltiger Lieferketten arbeite.
Andere Autobauer bezögen weiter Kobalt aus dem Kongo oder aus China, und dort sei die Situation mit ziemlicher Sicherheit noch schlechter. "Aber das entlastet BMW nicht von der Verantwortung", so Pontzen. Für Ingo Speich von der Sparkassentochter Deka stellen die Berichte über die Missstände beim BMW-Zulieferer in Marokko Klage- und Reputationsrisiken dar, zu denen sich BMW erklären müsse.
Die Investoren berufen sich bei ihrer Kritik auf vorherige Gespräche mit BMW über die Risiken beim Kobaltabbau. Aber sie wissen auch das deutsche Lieferkettengesetz auf ihrer Seite. Dieses definiert den Bergbau - insbesondere den für kritische Rohstoffe wie Kobalt - als Hochrisikobereich, bei denen Unternehmen, ihre Lieferketten besonders sorgfältig prüfen müssen.
Argumente für europäisches Lieferkettengesetz
Diese Prüfung habe BMW offenbar nicht sorgfältig genug durchgeführt, meint Miriam Saage-Maaß von der Menschenrechtsrechtsorganisation ECCHR. Die geschilderten Zustände in der marokkanischen Kobaltmine Bou Azzer stünden im Konflikt mit dem deutschen Lieferkettengesetz. Das meint auch die entwicklungspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Sanae Abdi. Sie bezeichnete die Ergebnisse der Recherchen als besorgniserregend und forderte Ermittlungen der zuständigen Behörde, dem Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAfA).
Unabhängig von diesen Ermittlungen müsse BMW sofort mit dem Lieferanten das Gespräch suchen und die Missstände abstellen, forderte die Europaabgeordnete der Grünen Anna Cavazzini. Der Fall sei ein Testfall für das deutsche Lieferkettengesetz und mache noch einmal deutlich, wie wichtig es sei, dass das europäische Lieferkettengesetz nun zügig auf den Weg gebracht werde.