Touristik erwartet Umsatzrekord Deutschland ist im Reisefieber
Die Reiselust ist ungebrochen, mehr noch: Die Deutschen reisen so intensiv wie nie zuvor und lassen sich das viel Geld kosten. Ein Trend, den die Tourismusbranche feiert.
Bei Silke Schmidt aus Frankfurt hat das Reisen oberste Priorität. Ostern, Sommer, Herbst und Winter, rund 15.000 Euro zahlt sie für vier Urlaubsreisen mit der Familie. Und damit ist sie nicht allein, sagt Helmut Wachowiak, Tourismusexperte an der Internationalen Hochschule in Berlin. "Man kann sogar sagen, die Deutschen reisen so intensiv wie nie", sagt er. Nach aktuellen Studien unternehmen fast 80 Prozent aller Deutschen über 14 Jahre mindestens eine Urlaubsreise im Jahr.
Ausgaben auf Rekordniveau
Und das lassen sich die Urlaubshungrigen ganz schön was kosten: Von 73 Milliarden Euro im Jahr 2019 sind die Ausgaben auf fast 87 Milliarden Euro im Jahr 2023 gestiegen, lautet ein Ergebnis der Reiseanalyse 2024. Das sind rund sieben Prozent des Haushaltsnettoeinkommens. Bei den Konsumprioritäten liegen Urlaubsreisen auf Platz zwei - direkt hinter Lebensmitteln.
Laut der Deutschen Tourismusanalyse gaben die Deutschen 2023 durchschnittlich 1.337 Euro pro Person für ihren Haupturlaub aus. Ein Rekord. Und das merken Fluggesellschaften, Reiseunternehmen und Reisebüros: Bei Anke Dannesberger vom Berger Reisebüro in Frankfurt seien die die Umsatzzahlen unglaublich gestiegen. "Die Leute möchten einfach raus - und das um jeden Preis", sagt sie.
Frühbucher-Rabatt statt Last-Minute-Schnäppchen
Und noch etwas ist in diesem Jahr anders bei Dannesberger: Nach 30 Jahren Reisebüroerfahrung kann sie sicher sagen, dass die Kunden noch nie so frühzeitig gebucht haben wie in diesem Geschäftsjahr. Die Preise seien hoch, und wer kurzfristig reisen möchte, laufe Gefahr, noch mehr zu bezahlen.
Das liegt laut Dannesberger daran, dass die Veranstalter keine großen Flug- und Hotelkontingente mehr einkaufen, sondern minutenaktuell auf dem Markt nachkaufen. "Last Minute ist komplett raus", sagt sie. Das neue Motto: je früher, desto billiger.
Fern- und Flugreisen werden immer beliebter
65 Millionen Urlaubsreisen ab fünf Tagen Dauer haben die Deutschen 2023 gemacht. Das eigene Land ist noch immer das liebste Ziel: 22 Prozent verbringen ihren Haupturlaub in Deutschland.
Doch Fern- und Flugreisen sind ganz klar auf der Überholspur: Spanien mit Mallorca und die Türkei liegen vorn. Das Flugzeug habe das Auto als beliebtestes Verkehrsmittel überholt, sagt Tourismusforscher Wachowiak. International gehe man davon aus, dass der Flugverkehr in den nächsten zehn Jahren nochmal signifikant steigen werde.
Nachhaltigkeit vielen nur in der Theorie wichtig
Und wo bleibt die Flugscham? In einer aktuellen Umfrage im Auftrag von HolidayCheck geben 45 Prozent der Befragten an, mehr Wert auf die Nachhaltigkeit zu legen. Gleichzeitig ist die Anzahl der Flugreisen so hoch wie nie zuvor. "Wunsch und Realität klaffen weit auseinander", so Wachowiak.
Dannesberger macht eine ähnliche Erfahrung: Sobald es um konkrete Buchungen gehe, spiele die Nachhaltigkeit nur eine sehr untergeordnete bis gar keine Rolle. Doch hier sieht sie die Verantwortung vor allem bei der Tourismusbranche: Es müssten Flugzeuge gebaut werden, die nicht mehr so viel Kerosin ausspucken, vor Ort müsse vielmehr in nachhaltige Projekte und Tourismuskonzepte investiert werden. Insgesamt aber bleibt festzuhalten, die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen und krisenfest.