Versteckte Preiserhöhungen Wie Kunden mit Mogelpackungen ausgetrickst werden
Erhöhen Hersteller die Preise, fällt das im Supermarkt oftmals kaum auf. Packungen enthalten viel Luft, der Saft ist mit Wasser gemischt. Verbraucherschützer warnen vor den Tricks der Industrie.
Viele Hersteller tricksen und mogeln schon seit Langem, um ihren Kunden mehr Inhalt vorzugaukeln, als tatsächlich drin ist. Doch nach den Inflationsschüben der vergangenen Jahre sind die Budgets von Millionen Privathaushalten noch knapper geworden. Da ist es umso ärgerlicher, wenn Produkte nicht das halten, was die Verpackung suggeriert. Mit welchen Tricks gehen die Hersteller vor?
Bei der "Shrinkflation", auch Schrumpflation genannt, verringern die Hersteller die Füllmenge ihrer Produkte. Die Preise bleiben aber gleich - wenn überhaupt. Denn manchmal wird es für die Verbraucher sogar teurer. Die Verbraucherzentrale in Hamburg fischt seit Jahren Mogelpackungen aus dem Handel. Produkte, bei denen "irgendwie" getrickst wird: Derzeit verzeichnet sie einen Höchststand.
Viel weniger drin - 27 Prozent Preiserhöhung
Ein Beispiel: Der "Lays Bugles Paprika Style Mais-Snack". In der alten Packung waren 95 Gramm enthalten, in der Neuen sind es gerade mal noch 75 Gramm. Der Preis ist gleich geblieben: 1,99 Euro. Das macht ein Plus von 27 Prozent. Das sei eine deutliche Preiserhöhung, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale in Hamburg. Die bekämen viele Verbraucher gar nicht mit. Zwar sei die neue Packung minimal kleiner, aber ohne den direkten Vergleich sei das nicht zu erkennen.
Ein anderes Beispiel: Die Mundspülung "Listerine Total Care". Die spült vor allem Geld in die Kasse der Hersteller. Die Füllmenge hat sich reduziert: von 600 auf 500 Milliliter. Und der Preis ist sogar noch gestiegen: von 4,45 Euro auf 4,95 Euro. Macht eine versteckte Preiserhöhung von mehr als 33 Prozent.
Im Regal fällt das kaum auf. Valet zeigt den Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Produkt: "Die Flasche ist auf den ersten Blick genau gleich groß. Man sieht, dass man nur diese Dicke am Boden reduziert hat und da sieht man, dass das nicht zufällig ist, sondern ganz bewusst, um die Verbraucher möglichst nicht zu informieren und hinters Licht zu führen". Man müsse sich jetzt wirklich merken, was war vorher drin und was nachher.
Konsumenten haben Preisschwellen
Betroffen sind Produkte aller Art: Margarine, Joghurts oder Schokoladen. Und auch das gibt es: In neueren optisch vergrößerten Packungen ist weniger drin als in älteren Kleinen. "Die Firmen haben ja kein Interesse, das zu deklarieren - verständlicherweise, sonst würden sie es ja nicht versteckt machen", klagt eine Konsumentin. Und die andere hat es schon selbst bemerkt: "Man denkt ja immer, dass in so einer Margarinepackung 500 Gramm sind. Ich habe es auch wirklich gedacht, weil: ich habe letztens gebacken, und dann habe ich sie gekauft und gesehen, dass nur 400 Gramm drin sind, obwohl es ja immer noch das gleiche kostet."
Ina Bockholt von Stiftung Warentest geht regelmäßig versteckten Preiserhöhungen nach. Sie hat eine Erklärung für das Phänomen, dass Hersteller manchmal lieber den Inhalt reduzieren, als sichtbar die Preise zu erhöhen: "Viele Verbraucher und Verbraucherinnen haben Preisschwellen. Sie wollen zum Beispiel für Nudeln nicht mehr als einen Euro zahlen oder für andere Produkte nicht mehr als 1,99 Euro oder 2,99 Euro." Die "Shrinkflation" helfe Anbietern, mit weniger Inhalt diese Preisschwellen nicht zu überschreiten und dabei trotzdem Gewinnmarge zu halten oder sogar zu steigern.
Und das reißt Löcher in die Portemonnaies der Verbraucher, sagt sie. "Wenn man diese Produkte regelmäßig kauft - so einmal pro Woche, und es sind mehrere Shrinkflation-Produkte -, dann kann es doch schon so sein, dass man mehrere Hundert Euro pro Jahr für die Shrinkflation zahlt."
Profiteure sind Markenhersteller
Doch wer profitiert von dieser Masche? Vor allem die Markenhersteller, sagt Philipp Hennerkes vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). Die Verhandlungen mit den internationalen Konzernen seien schwierig: "Der Druck auf die Händler ist natürlich enorm, die Kunden verlangen die bekannten Marken in den Regalen, deshalb müssen wir zu Abschlüssen kommen, und sind da auch in einer schlechteren Verhandlungsposition, zumal sind die Margen und Renditen im Handel sehr gering." Deshalb bestehe dort wenig Spielraum, durch eigene Preissenkungen das Fehlverhalten der Industrie zu korrigieren.
Ein weiterer Trick: Unternehmen knausern gerne auch mal an der Qualität der Inhaltsstoffe. Die Preise und die Füllmengen bleiben in dem Fall zwar gleich. Die Hersteller sparen aber an wertvollen Zutaten und verschlechtern damit die Qualität des Produkts. Das geht besonders gut bei Fruchtsaftgetränken.
Da gebe es immer wieder Veränderungen bei den Zutaten, sagt Verbraucherschützer Valet von der Verbraucherzentrale in Hamburg. Ein Beispiel: Ein Fruchtsaft von Granini. Er hat ihn sich genauer angeschaut: "Man hat hier wirklich die Menge des Orangensaftes halbiert. Also hatte man vorher einen richtigen Fruchtsaft gehabt mit 100 Prozent Orangensaft. Jetzt hat man nur noch 50 Prozent, also ein Nektar, dem dann Wasser und Zucker zugemischt wird, damit es so ähnlich schmeckt, nur darum, um Rohstoffkosten zu sparen."
Mithilfe von Luftverpackungen tricksen
Ein dritter Trick sind Luftpackungen. Diese suggerieren durch die Größe des Drumherums viel Inhalt. Tatsächlich ist aber weniger im Produkt, als sich so mancher Verbraucher vorstellt. Die Verbraucherzentrale Hamburg entlarvt solche Produkte auch mit Hilfe eines Röntgengeräts. Ob Müesli, Chips oder Nahrungsergänzungsmittel, gesetzlich sind solche Umverpackungen in den meisten Fällen nicht zu bemängeln.
"Das besonders Dreiste ist, dass wir oftmals gar nicht vorgehen können, weil die Vorgaben so lasch sind. Es gibt viele Ausnahmen von der Regel, dass eine Packung nicht mehr Inhalt vortäuschen darf", so Valet. Bei vielen Kosmetikherstellern stecken in den Umverpackungen hochgezogene Böden oder Stege. Die Cremedose ist beispielsweise erheblich kleiner als die Schachtel.