Anstieg der Lebensmittelpreise 44 Prozent mehr für die Packung Butter
Die jüngste Welle von Preiserhöhungen bei Lebensmitteln könnte Experten zufolge erst der Anfang sein. Was hat sich besonders stark verteuert - und wie gehen Menschen mit wenig Geld damit um?
"So teuer war der Einkauf noch nie", sagt Sarah Friedhof. Die Studentin kommt gerade mit einer vollen Einkaufstüte aus einem Kölner Supermarkt. "Eine Gurke für 99 Cent, die Butter hat mich mehr als drei Euro gekostet. Das ist langsam nicht mehr zu bezahlen", sagt die 26-Jährige.
Dabei ist ein Ende der Preissteigerungen nicht abzusehen. Aldi hat höhere Preise angekündigt und Bäckereien auch. "Die zweite Welle an Preissteigerungen kommt, und die wird sicherlich zweistellig", sagt Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland. Er warnt vor weiteren Erhöhungen, nachdem bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs die Preise als Folge gestiegener Energiepreise um etwa fünf Prozent gestiegen sind.
Mehl, Gurken, Salat - alles viel teurer
Betrachtet man ein klassisches Pausenbrötchen genauer, so werden die Preiserhöhungen deutlich: Das Brötchen und der Käse weisen laut Statistischem Bundesamt ein Plus von sieben beziehungsweise 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf. Beim Kopfsalat sind es rund 17 Prozent, bei der Gurke sogar 30,3 Prozent.
Laut Statistischem Bundesamt kostet die Gurke im Supermarkt derzeit fast ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr.
Auch bei anderen Artikeln aus dem klassischen Lebensmittelsortiment eines Supermarkts kletterten die Preise um hohe zweistellige Prozentwerte. Beim Sonnenblumenöl stieg der Preis um 28,9 Prozent, bei Tomaten um 27 Prozent und beim Roggenmehl um 22,5 Prozent.
"Wir leben in Teilen noch von Vorräten"
"Die Preise werden, wenn auch verlangsamt, weiter steigen" sagt Thomas Roeb. Der Wirtschaftswissenschaftler von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg findet, dass die Preissteigerungen eigentlich noch moderat seien mit Blick auf die gestiegenen Kosten bei Rohstoffen, Transport und Produktion. "Momentan leben wir in Teilen noch von Vorräten hierzulande und auf dem Weltmarkt. Die Ukraine wird als Lieferant jedoch länger ausfallen und die Energiepreise werden durch den Ausfall Russlands auch eher steigen, von den durch die dortigen Corona-Maßnahmen stark gestörten Kontakten zu China ganz zu schweigen, so dass insgesamt mit keiner Besserung gerechnet werden kann."
Der Experte erwartet, dass viele Lebensmitteleinzelhändler in Kürze nachziehen werden. Denn als größter deutscher Discounter hatte Aldi bereits letzte Woche die Preise angehoben und gilt traditionell als Preisführer. Die Kette Rewe teilte auf Anfrage mit, sie sei aktuell mit einer "Vielzahl von steigenden Kosten bei Rohstoffen, Energie und Logistik sowie Preiserhöhungen der Lebensmittelindustrie und Lieferanten konfrontiert". Dies führe "zwangsläufig dazu, dass wir bei einzelnen Warengruppen und Artikeln die Verkaufspreise erhöhen müssen".
Rabatte kurz vor Ladenschluss
Sarah Friedhof achtet nun verstärkt auf reduzierte Produkte und "Schnäppchen". "Das hatte ich vorher nie getan", sagt die Kölner Studentin. Sie plane ihre Einkäufe mittlerweile genauer, um keine Lebensmittel wegzuschmeißen. Außerdem kaufe sie häufiger kurz vor Ladenschluss ein, um mögliche Rabatte und Preisnachlässe mitzunehmen.
Klar ist auch nach den jüngsten Preiserhöhungen, dass Milchprodukte bald noch teurer werden. "Die Preise steigen in einem Ausmaß, das habe ich noch nicht erlebt", sagt der Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbands, Eckhard Heuser. Die günstigste 250-Gramm-Packung Markenbutter koste derzeit 2,09 Euro, das sind 44 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. "Ich gehe davon aus, dass der Preis weiter steigt", sagt Heuser.
Trend für viele Jahre?
Betroffene Produkte seien vor allem all die, die mit Getreide und Öl aus der Ukraine zu tun haben, sagt Thomas Roeb. "Das Getreide aus der Ukraine wurde auch als Futtermittel genutzt. Wenn das jetzt als Lebensmittel genutzt wird, dann wird Fleisch auch bei uns sehr viel teurer."
Es sei zu befürchten, dass wir auch langfristig in den kommenden Jahren mit deutlich steigenden Nahrungsmittelpreisen rechnen müssten. Denn wegen einer Umstellung der Lieferketten und steigender Energiepreise dürften sich viele Vorleistungen für die Landwirtschaft wie Futter- oder Düngemittel verteuern.
"Was ist nur mit Familien, die wenig Geld haben? Was ist mit Menschen, die in Armut leben?", fragt sich die Studentin Sarah Friedhof. Sie könne die Entwicklung zwar nachvollziehen. "Aber auf Dauer muss der Anstieg der Preise gestoppt werden. Hier wünsche ich mir Hilfe von der Politik, um die Leute zu entlasten."