Inflation in Deutschland Warum das Brötchen so viel teurer wird
Die Preise für Brot und Brötchen vom Bäcker werden in diesem Jahr wohl überdurchschnittlich stark steigen. Nicht nur teure Rohstoffe und Energie machen den Bäckereien zu schaffen.
Zu behaupten, dass Oliver Klein in diesem Jahr über eine Preiserhöhung nachdenkt, wäre nicht ganz richtig. Der Bäckerei-Geschäftsführer denkt nicht über eine Preiserhöhung nach, sondern über gleich zwei - eine im Frühjahr und eine weitere im Herbst. Insgesamt dürften seine Backwaren damit um etwa 15 Prozent teurer werden.
Wie reagieren die Kunden?
Dass die erste Preiserhöhung kaum vermeidbar ist, zeigt ein Blick auf seine Gasabrechnung. Gas braucht er für die Öfen, mit denen er sein Brot backt. Während er dafür im Dezember noch etwa 16.000 Euro gezahlt hatte, waren es im Januar bei etwas niedrigerem Verbrauch rund 35.000 Euro. Er könne sich nicht daran erinnern, dass seine Kosten jemals so stark gestiegen seien, sagt Klein. Er ist seit mehr als 30 Jahren im Geschäft und betreibt in Nordrhein-Westfalen rund einhundert Filialen.
Neben den Energiekosten sind Rohstoffe ein weiterer großer Preistreiber für die Bäckerinnen und Bäcker. Engelbert Schlechtrimen, der in Köln drei Bäckereien betreibt, zahlt für Butter und Mehl rund 50 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Damit sind Preiserhöhungen auch für ihn unausweichlich, sie stellen ihn aber vor ein großes Dilemma: "Wenn wir die Preise zu sehr erhöhen, stellen die Kunden ihr Kaufverhalten um", sagt Schlechtrimen. Es sei denkbar, dass dann einige von ihnen stattdessen bei Discountern einkaufen. "Dann ist für uns der Gesamtumsatz am Ende genauso hoch wie vor den Preiserhöhungen", so der Bäckermeister. "Wir müssen uns richtig anstrengen, damit Geld überbleibt." Seine Befürchtung: Durch die Kostensteigerungen könnten viele kleinere Bäckereien vom Markt verschwinden.
Mindestlohn könnte Preise weiter steigen lassen
Dass in den Bäckereien im Herbst eine zweite Preiserhöhung bevorstehen könnte, liegt an der geplanten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Bereits im Juli soll er regulär von derzeit 9,82 Euro auf 10,45 Euro steigen. Zum 1. Oktober plant das Bundesarbeitsministerium dann die Erhöhung auf zwölf Euro pro Stunde. Da in den Bäckereien die Löhne meist niedrig sind und der Verkauf personalintensiv ist, dürfte das große Auswirkungen haben.
Viele seiner Fachverkäuferinnen bekämen schon jetzt mehr als zwölf Euro pro Stunde, berichtet Bäckerei-Geschäftsführer Klein. Darunter lägen vor allem die Aushilfen, vom höheren Mindestlohn werden nach seiner Einschätzung aber nicht nur sie profitieren. Es sei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht gut zu vermitteln, wenn sie nach mehrjähriger Ausbildung nur kaum mehr verdienen als eine 18-jährige Aushilfe, die vielleicht noch bei den Eltern wohne, sagt Klein: "Ich glaube, dass da ein gewisser Lohndruck kommen wird, der die Löhne von unten nach oben hochziehen wird."
Von den 15 Prozent Preiserhöhung, mit der er für dieses Jahr kalkuliert, sei etwa die Hälfte auf den höheren Mindestlohn zurückzuführen. Die andere Hälfte verteile sich auf die Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen.
Teuerungsrate bei Nahrungsmitteln besonders hoch
Was am Beispiel von Brot und Brötchen besonders deutlich wird, betrifft auch viele andere Nahrungsmittel. Aus Umfragen des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo geht hervor, dass zwei Drittel der Nahrungsmittelhersteller in den kommenden Monaten Preiserhöhungen planen.
Im vergangenen Jahr sind Nahrungsmittel um rund drei Prozent teurer geworden, das entsprach in etwa der allgemeinen Preisentwicklung. In diesem Jahr könnte sich das dramatisch ändern. Während die allgemeine Inflationsrate nach ifo-Schätzung bei vier Prozent liegen wird, könnten Nahrungsmittel um ganze sieben Prozent teurer werden. Das ifo-Institut führt das auf die Entwicklung der Weltmarktpreise zurück und rechnet damit, dass Nahrungsmittel "in diesem Jahr ein maßgeblicher Inflationstreiber" werden könnten.