Folgen des Ukraine-Kriegs Ostafrika fehlt der Weizen
Russland und die Ukraine sind für Länder wie Kenia Hauptlieferanten von Weizen oder Mais. Mit dramatisch steigenden Preisen wegen des Kriegs fürchten viele Menschen in Afrika, ihre Familien bald nicht mehr ernähren zu können.
Am Rande einer der Armensiedlungen in Kenias Hauptstadt Nairobi herrscht geschäftiges Leben. Grace Atieno betreibt hier ein kleines Straßenlokal und verkauft vor allem gebratene Maiskolben. Doch zuletzt macht sie dabei kaum noch Gewinn. Die Preise für Pflanzenöl seien in die Höhe geschossen, sagt sie. "Das hat mich schockiert. Die Kunden klagen jetzt schon, das Essen koste zu viel. Also kann ich nichts mehr aufschlagen. Ich weiß nicht, was ich tun soll."
Lebensmittel sind in Kenia in den vergangenen Monaten drastisch teurer geworden. Jetzt könnte Russlands Angriff auf die Ukraine die Situation eskalieren lassen, fürchtet einer der Kunden, der Taxifahrer Sam Kingori. "Es geht uns so schlecht wie lange nicht", sagt er. "Keiner hat genug Geld. Wenn der Krieg anhält, werden wir die Verlierer sein. In einigen Teilen des Landes hungern die Menschen schon jetzt."
Millionen Menschen von Dürre betroffen
In Ostafrika sind mehrere Regenzeiten ausgefallen. Die Ernten sind auf den Feldern verdorrt. Das Welternährungsprogramm warnt, dass in den kommenden Monaten viele Menschen Nahrungsmittelhilfen benötigen werden. "Drei Länder sind besonders betroffen: Äthiopien, Kenia und Somalia", sagt der Regionaldirektor für Ostafrika, Michael Dunford. "Aber auch Dschibuti hat zuletzt einen Notstand erklärt. Insgesamt sind etwa 13 Millionen Menschen betroffen."
In dieser Lage sind Länder wie Kenia noch mehr als sonst auf Lebensmittelimporte angewiesen. Russland und die Ukraine gehören zu den Hauptlieferanten für Grundnahrungsmittel. "80 Prozent vom Weizen in Kenia sind importiert. Nur 20 Prozent werden hier angebaut", erklärt der kenianische Wirtschaftsexperte Ken Gichinga. "Wir importieren aus mehreren Ländern, auch aus Russland und der Ukraine. Was sich dort jetzt abspielt, wird die Lieferketten zusammenbrechen lassen."
Auch Mais kommt aus den beiden Ländern nach Kenia. Getrocknet, gemahlen und mit Wasser zu Brei verarbeitet, bildet er die Grundlage für die meisten Mahlzeiten gerade bei ärmeren Familien. Außerdem wird viel Toastbrot gegessen. Beides ist schon deutlich teurer geworden.
"Wir beten, dass dieser Krieg endet"
Jetzt, wo der Ölpreis steigt und die Importe wegfallen, könnten die Lebensmittel unerschwinglich werden, meint Taxifahrer Sam Kingori: "Die Brotpreise haben sehr angezogen. Und das ist eigentlich das billige Essen, das sich arme Menschen gerade noch so leisten können. Darum beten wir, dass dieser Krieg endet."
Der Vater von zwei Kindern fürchtet, seine Familie sonst nicht mehr ernähren zu können. Diese Angst teilen viele Kenianer im Moment. Die größte Tageszeitung des Landes fasste die Situation zuletzt in einer Überschrift zusammen: Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine kann Afrika in den Hunger treiben.