Fahrräder auf der Messe "Eurobike"

Fahrradmesse "Eurobike" Auf der Überholspur

Stand: 13.07.2022 08:03 Uhr

In Zeiten von Energiekrise und Mobilitätswende erlebt das Fahrrad einen Boom. Heute startet die weltgrößte Fahrradmesse "Eurobike". Einige der dortigen Trends könnten bald auf der Straße zu sehen sein.

Bremslichter am Bike, ein im Rahmen unsichtbar eingelassener Fahrradalarm, der schrillt, wenn jemand das Rad unerlaubterweise bewegt, und Kinder-Laufräder, die sich per Fernbedienung bremsen lassen: Vom 13. bis zum 17. Juli werden mehr als 1500 Austellerinnen und Austeller ihre neuesten Fahrrad-Ideen auf dem Frankfurter Messegelände präsentieren. Das erste Mal findet die größte Fahrradmesse der Welt in der Main-Metropole statt. Nach 29 Ausgaben im beschaulichen Friedrichshafen ist sie nun ins Rhein-Main-Gebiet umgezogen.

Vom Sportartikel zum Verkehrsmittel

Die "Eurobike" hat eine sportive Historie. Mit Mountainbikes und Rennrädern ist sie bekannt geworden. In den vergangenen zehn Jahren wurde das Fahrrad dann zunehmend elektrisch und ist seitdem nicht mehr nur reines Sportgerät, sondern auch alternatives Verkehrsmittel. Dieser Entwicklung trage man nun Rechnung, indem man den Standort wechsle, sagt der Geschäftsführer des Veranstalters Fairnamic, Stefan Reisinger.

Viele neue Trends auf der "Eurobike" in Frankfurt a.M.

Jacqueline Dreyhaupt, HR, tagesschau 14:00 Uhr

"Der Bodensee ist eine super Freizeitregion. Aber es zeichnet sich ab, dass das Fahrrad in den nächsten zehn Jahren seinen Platz als Verkehrslösung erobern wird, und damit mussten wir in die Großstadt, ins urbane Umfeld wechseln", erklärt er den Weg der Messe nach Frankfurt.

Enorme Nachfrage prallt auf Lieferengpässe

Der Fahrradmarkt ist in den vergangenen zwei Jahren geradezu explodiert. Besonders bei E-Bikes ist die Nachfrage nach wie vor immens. "Das vergangene Jahr war das beste Jahr, was die Branche je hatte", sagt Burkhard Stork, Geschäftsführer vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Insgesamt wurden 4,7 Millionen Räder verkauft. Trotz Ukraine-Kriegs, Inflation und Corona-Pandemie kann die Branche auch in den ersten sechs Monaten dieses Jahres das Vorjahresniveau annähernd halten. Allein im ersten Halbjahr sind 800.000 E-Bikes produziert worden, ein Prozent weniger als im Vorjahres-Halbjahr.

Gleichzeitig kämpft die Branche weiter mit Lieferkettenschwierigkeiten. Das betrifft laut ZIV vor allem Batterien, Displays und Chips. So will man langfristig mehr in Europa montieren und fertigen lassen, um unabhängiger vom asiatischen Markt zu werden. Gleichzeitig würden die Wachstumsraten nicht ins Unendliche weiterwachsen, davon ist Reisinger überzeugt. Er geht davon aus, dass sich Angebot und Nachfrage auf hohem Niveau einpendeln werden.

Lastenfahrrad für Paketzustell- und Lieferdienste

Und so feilt die Branche derzeit an Entwicklungen, die es auch wirklich auf die Straße schaffen können. Leichte, stylishe E-Bikes, denen man es nicht mehr auf den ersten Blick ansieht, dass Motor und Batterie verbaut sind, werden auf der Messe präsentiert und in wenigen Monaten wohl in Deutschlands Städten zu sehen sein. Technik und System-Integration sind inzwischen so weit, dass das E-Bike optisch vom normalen Fahrrad kaum mehr zu unterscheiden ist.

Lastenfahrräder werden laut Experten noch weiter an Bedeutung gewinnen. Auch sie sind ein großes Thema auf der Messe. Besonders für Lieferdienste und Paketzusteller könnte das Lastenrad in den nächsten Jahren attraktiv werden, um damit die "letzte Meile" zu überwinden und Lieferwagen überflüssig zu machen. Auch für Familien sind Lastenfahrräder in der Stadt immer öfter der Autoersatz.

Fahrradbranche will politischer werden

Vom Wochenende an ist die "Eurobike" für jeden Fahrrad-Fan mit Teststrecken, Leihrädern und Fahrradrennen offen. Bundesverkehrsminister Wissing plant für heute seinen Messebesuch. Die Austellerinnen und Aussteller erhoffen sich davon mehr Rückenwind für die Branche und die dafür benötigte Infrastruktur.

Im Schnitt seien siebzig Prozent aller unserer Wege im Alltag kürzer als zehn Kilometer, sagt ZIV-Geschäftsführer Stork. Menschen würden das Fahrrad nutzen, wenn es sich gut und sicher anfühlt. Dafür brauche es sichere Radwege. Er wünscht sich, dass gerade auf kommunaler Ebene zukünftig mehr Städte den Mut haben diese zu bauen. Damit mehr Menschen das Fahrrad nutzen - für eine effektive Verkehrswende.

 

Roman Warschauer, HR, 13.07.2022 08:27 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 13. Juli 2022 um 14:00 Uhr sowie BR24 um 09:42 Uhr und MDR aktuell um 11:25 Uhr.