Moderne Hochhäuser Zukunft des Wohnens - nur für Reiche?
Es wird eng in Frankfurt am Main. Auf knapp 250 Quadratkilometern leben über 750.000 Menschen. Ein Problem, das nicht nur die Mainmetropole kennt. Können neue Wohnhochhäuser Abhilfe schaffen?
Es fühlt sich fast surreal an, als der Baustellenaufzug innerhalb von Sekunden die 28 Stockwerke außen hochrauscht, vorbei an modernen Glasbalkonen. Kurz darauf wird der Blick frei auf die Frankfurter Skyline. Unten bringen Bauarbeiter die ersten Pflanzen vertikal an der Außenfassade an - vorgesehen sind die "grünen Teppiche" bis oben zur riesigen Dachterrasse in fast hundert Metern Höhe.
Paradiesisch ist daher der Name des neuen Wohnhochhauses: "Eden Tower". 263 Apartments mit bis zu vier Zimmern sind im Europaviertel hochgezogen worden. Ende des Jahres sollen die Ersten einziehen können. Stadtrat Markus Frank hält begeistert sein Handy hoch und macht Fotos: "Atemberaubend."
Luxus-Tower mit Wohnungen für Wohlhabende
"Eden" ist nicht der erste Wohntower, der derzeit die Frankfurter Skyline verändert. Auch in der Innenstadt kann man im neu gebauten "Omniturm" in eine der 147 exklusiven Hochhaus-Mietwohnungen einziehen. In unmittelbarer Nähe befindet sich die nächste Großbaustelle: Im März dieses Jahres wurde hier der Grundstein für vier Hochhäuser gelegt - genannt wird das Ensemble schlicht "Four". Bis 2024 sollen dort unter anderem 600 Wohnungen entstehen.
Doch was spektakulär aussieht, kostet auch ein Vermögen. Der Quadratmeterpreis zum Kauf eines Stückchens vom Paradies im "Eden" fängt bei 10.000 Euro an. Frankfurts Planungsdezernent Mike Josef meint, für ein bestimmtes Segment sei dies durchaus die Zukunft des Wohnens, aber nicht für die Versorgung der breiten Bevölkerung mit Wohnraum.
Mietpreise in Deutschland weiter auf Rekordhoch
Für Entlastung auf dem Mietmarkt werden solche modernen Hochhausbauten also nicht sorgen. Davon ist der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, überzeugt: "Wir brauchen angemessenen, Bedarf deckenden Wohnraum, der bezahlbar ist." Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist in vielen Regionen in Deutschland inzwischen desolat. Gerade in Großstädten steigen die Mieten seit Jahren. Auf dem ersten Platz liegt München mit 18,48 Euro pro Quadratmeter, gefolgt von Frankfurt und Stuttgart mit 15,75 Euro und 14,74 Euro pro Quadratmeter. Auf den Plätzen vier und fünf liegen Berlin und Hamburg mit 13,68 beziehungsweise 13,50 Euro pro Quadratmeter.
Laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung müssen fast die Hälfte der rund 8,4 Millionen Haushalte, die in Deutschlands Großstädten zur Miete wohnen, mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben, um ihre Warmmiete zu bezahlen. Insgesamt fehlen laut Deutschem Mieterbund mehr als 1,5 Millionen leistbare Wohnungen. Er fordert eine Wohnbauoffensive, unter anderem mit mehr Mitteln für den sozialen Wohnungsbau und einem mehrjährigen bundesweiten Mietenstopp.
Rund 600.000 Euro für etwa 60 Quadratmeter: Die Apartments im "Eden Tower" sind nichts für kleine Geldbeutel.
Kunden aus dem asiatischen und arabischen Raum
Wohnhochhäuser wie der "Eden Tower" mit Concierge-Service und Dachterrasse schaffen dabei keinerlei Abhilfe, sagt der Frankfurter Architekt Stefan Forster. Bei den Käufern handle es sich oft um zahlungskräftige ausländische Kunden. Es gehe ihnen weniger um die Wertsteigerung der Immobilien als um die sichere Anlage. Daher würden Käufer die Wohnungen oft nicht vermieten, viele stünden leer.
Auch im neuen "Eden Tower" sind bereits 60 Prozent der Wohnungen verkauft, weitere 15 Prozent reserviert. Die Kunden kommen laut dem belgischen Projektentwickler primär aus dem arabischen und asiatischen Raum. Besonders gut komme der grüne Pflanzenteppich an, der 20 Prozent des Wohnhochhauses bedecken soll. 200.000 Pflanzen sollen für ein gutes Mikroklima sorgen. Sie überleben dank eingebautem Mineralien- und Bewässerungssystem.
Begrünte Fassade des "Eden Tower": für manche nicht mehr als "ein Vermarktungsgag".
Pflanzenfassaden als Vermarktungsgag?
Grundsätzlich könnten Pflanzen an Außenfassaden zur Luftqualitätsverbesserung beitragen, doch der ökologische Mehrwert sei klein, oft handle es sich um "greenwashing", urteilt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Den Pflanzen an der Wand fehlt oft eine gewisse Tiefe in die Erde zum Einwurzeln, die aber notwendig ist, damit sich wichtige Bodenorganismen ansiedeln.
Auch Architekt Forster ist überzeugt: "Die Begrünung ist ein Vermarktungsgag". Einen wirklichen ökologischen Nutzen habe dies nicht, denn der Energieaufwand für das Anbringen der Pflanzen und die Pflege überschreite ihren Nutzen. Zweifelsohne sind Pflanzen in hundert Metern Höhe ein optischer Hingucker, so wie die neuen Wohnhochhäuser selbst auch. Doch sie sind lediglich die Zukunft des Wohnens für Gutbetuchte. Für alle anderen wird es ein urbaner, unbezahlbarer Hochhaustraum bleiben.